Leitsatz (amtlich)
Ein Anlageberatungsunternehmen haftet wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch seine Außendienstmitarbeiter, wenn im Zusammenhang mit dem empfohlenen Erwerb einer Eigentumswohnung kein Hinweis erfolgt, dass die mitgeteilten Wirtschaftlichkeitsdaten der Immobilie ungeprüft von dem Verkäufer übernommen worden sind. Den Erwerber kann ein Mitverschulden treffen.
Normenkette
BGB § 164 Abs. 2, § 254 Abs. 1, § 278; ZPO §§ 286, 419, 440 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 8 O 298/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 14.12.2000 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Köln – 8 O 298/99 – unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen eines von den Klägern zu beauftragenden Notars 64.844,60 Euro zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Übereignung der im Hause E.-Straße gelegenen und im Grundbuch von D., Wohnungsgrundblatt … im Aufteilungsplan verzeichneten Eigentumswohnung Nr. 54, und zwar frei von der in Abt. III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der A. Hypotheken- und Wechselbank, N., über 169.100 DM (= 86.459,46 Euro).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten beider Instanzen des Rechtsstreits haben die Beklagte 55 % und die Kläger 45 % zu tragen bis auf die durch die Anrufung des unzuständigen LG Berlin entstandenen Mehrkosten, die die Kläger alleine zu tragen haben.
Die Kosten der Nebenintervention haben die Kläger i.H.v. 45 % und der Nebenintervenient selbst i.H.v. 55 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beklagte ist die durch Umwandlung entstandene Rechtsnachfolgerin der Beklagten des ersten Rechtszuges, der B. GmbH & Co. KG. Die Beklagte ist und die Rechtsvorgängerin war auf dem Gebiet der Anlageberatung (Strukturvertrieb von Kapitalanlagen) tätig, wobei sie sich eines Netzes von selbständigen Handelsvertretern bedient(e), die ihrerseits wieder Handelsvertreter beschäftigen. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie beim Erwerb einer Immobilie durch die früheren Außendienstmitarbeiter der Beklagten, die Zeugen S. und K., falsch beraten worden seien.
Die Kläger hatten durch Vermittlung der Zeugen S. und K in deren Eigenschaft als Handelsvertreter der Beklagten verschiedene Verträge, insb. Versicherungsverträge (Anlagenkonvolut SH I, Bl. 61 ff.) abgeschlossen. In einigen Vetragspolicen ist ausdrücklich auf die Beklagte hingewiesen. So ist im Schreiben der S Lebensversicherungs-AG vom 28.10.1993 (SH I, Bl. 61) der Vertrag als „Kapitalversicherung B-Programm Mietfreies Wohnen …” bezeichnet, und im Versicherungsschein der Volksfürsorge vom 22.12.1994 (SH I, Bl. 65) ist angegeben, der Kunde werde „betreut durch B. GmbH & Co. KG, „L2”.
Aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 11.11.1994 (UR-Nr. …des Notars X. in F., Kopie Bl. 17 ff.) erwarben die Kläger von einem Herrn J. eine 45 qm große Eigentumswohnung im Dachgeschoss des Hauses E.-Straße in D., und zwar zu einem Kaufpreis von 144.000 DM. In dem Vertrag heißt es wörtlich u.a. wie folgt:
§ 2 Kaufpreis
…
Der Verkäufer hat an dem Gesamtobjekt die nachstehend aufgeführten Arbeiten durchgeführt bzw. wird er diese bis zum 30.6.1995 durchführen:
a) Gas-Zentralheizung
b) Kunststoffenster mit Isolierglas,
c) Haustüranlage in Alu,
d) Gegensprechanlage,
e) Wohnungseingangstüren,
f) Treppenhaus (Reibeputz) einschl. Rauchabzug,
g) Streichen Kellergänge und Kellerböden,
h) Fassadenanstrich (sämtliche Außenwände).
Der Notar wird angewiesen, einen Betrag von 10.000 DM des Kaufpreises erst dann zugunsten des Verkäufers freizugeben, wenn ihm eine schriftliche Bestätigung des Bauleiters vorliegt, dass die vorstehend aufgeführten Arbeiten ausgeführt sind.
….
§ 5 Besitzübergang
…
Der Kaufgegenstand ist vermietet. Das Mietverhältnis ist bekannt und wird übernommen …..
Tatsächlich war das von den Klägern erworbene Dachgeschoss weder ausgebaut, noch vermietet. Über die Möglichkeit des Erwerbs dieser Immobilie waren die Kläger durch die Zeugen S. und K. informiert worden. Unter dem 23.1.1995 schlossen die Kläger mit dem Verkäufer J. einen Mietgarantievertrag (Kopie Bl. 48), nach welchem dieser für die Dauer von 4 Jahren eine Mietgarantie von 13 DM/qm kalt übernahm.
Um den Kauf zu finanzieren, nahmen die Kläger zwei Darlehen bei der A. Hypotheken- und Wechselbank über eine Gesamtbruttosumme i.H.v. 169.100 DM auf. Es handelt sich um ein Festgelddarlehen i.H.v. 140.000 DM gem. Vertrag vom 18./22.12.1994 (vgl. Bl. 295 ff.) sowie um ein Annuitätendarlehen über 29.100 DM gem. Vertrag vom 18./22.12.1994 (vgl. Bl. 200 ff.). Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Vertragskopien Bezug genommen.
Die Kläger haben behauptet, b...