Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 19 O 60/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 3.5.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 60/20 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.422,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Skoda Superb 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) A nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief.
2. Es wird weiter festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer 1) genannten PKWs in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.099,56 EUR freizustellen.
4. Es wird festgestellt, dass der unter Ziffer 1) zugesprochene Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtstreit in der Hauptsache in Höhe von 2.136,92 EUR erledigt hat.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 75 %. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Rückabwicklung des am 08.04.2015 geschlossenen Kaufvertrags über ein Neufahrzeug der Marke Skoda Superb 2.0 TDI zum Kaufpreis von 40.500 EUR (brutto). In dem Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA288 Euro 6 mit SCR-Katalysator verbaut.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass bereits in erster Instanz unstreitig war, dass das Fahrzeug über eine Prüfstandserkennung in Form einer Fahrkurvenerkennung verfügt, die bewirkt, dass auch nach Erreichen einer optimalen Betriebstemperatur des SCR-Katalysators von 200° C die bis dahin gegebene hohe Abgasrückführungsrate (nachfolgend AGR-Rate) weiter parallel bestehen blieb, was außerhalb des Prüfstands nicht der Fall war. Die Strategie war gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt (nachfolgend KBA) im Typenzulassungsverfahren nicht offengelegt worden. Die Beklagte hat erstinstanzlich hierzu behauptet, die Beibehaltung der hohen AGR-Rate im allerletzten Teil des Prüfzyklus im Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend NEFZ) sei für das Einhalten der gesetzlich vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte nicht relevant. Diese würden auch bei Abschaltung der Prüfstandserkennung eingehalten.
Der Kilometerstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats betrug 207.979 km.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Dem Kläger stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 17.372,75 EUR, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Skoda Superb zu, insbesondere nicht aus § 826 BGB oder aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB. Er habe bereits nicht hinreichend substantiiert zu dem Vorhandensein von unzulässigen Abschalteinrichtungen im Motor seines Fahrzeugs vorgetragen. Seine Behauptung, in seinem Fahrzeug sei eine Manipulationssoftware verbaut, die im Kern so funktioniere wie die des EA 189, stehe in unauflösbaren Widerspruch zu der Behauptung, die Abgasrückführung werde temperaturgesteuert reduziert. Letzteres sei gerade nicht prüfstandabhängig. Seine Behauptung, das Fahrzeug sei mit einem Thermofenster ausgestattet, das außerhalb des Temperaturbereichs von 20° bis 30° Grad die Abgasrückführung reduziere, sei aus der Luft gegriffen. Gleiches gelte für den Vortrag einer angepassten AdBlue-Einspritzung und von drehzahlabhängigen Modifikationen des Emissionsverhaltens und auch für die übrigen "Abschalteinrichtungen". Der Vortrag sei spekulativ. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass es bezüglich des streitgegenständlichen Fahrzeugs weder ein Einschreiten durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) noch einen verbindlichen Rückruf gegeben habe. Auch soweit der Kläger auf die Applikationsrichtlinie der Beklagten vom 18.11.2015 zum Motor EA288 Bezug nehme, sei dem kein greifbarer Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung zu entnehmen. Der substantiierte Vortrag der Beklagten hierzu sei nachvollziehbar. Auch zum behaupteten Vorsatz sei der Vortrag des Klägers unsubstantiiert.
Andere deliktische Ansprüche kämen nicht in Betracht. Die von dem Kläger geltend gemachten Ford...