Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 7 O 116/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 29.09.2020 - 7 O 116/20 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger erwarb von der Fa. A GmbH & Co. KG am 26.05.2015 einen gebrauchten Pkw Audi A 3 Sportback 1.6 TDI zu einem Kaufpreis von 23.400,01 EUR. In dem Fahrzeug ist ein Motor der Motorenbaureihe EA 288 verbaut, dessen Herstellerin und Entwicklerin die Beklagte ist. Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse EU 5 erteilt. Das am 22.07.2013 erstmals zugelassene Fahrzeug verfügt weder über einen SCR-Katalysator noch über einen NSK-Speicherkatalysator. Ein Rückruf des Fahrzeuges durch das Kraftfahrt-Bundesamt ist nicht erfolgt.

Der Kläger hat behauptet, im Motor EA 288 sei eine sog. Zykluserkennung verbaut, die die Abgasreinigung im Prüfstandmodus abweichend zum normalen Straßenbetrieb steuere. Dies ergebe sich aus internen Unterlagen der Beklagten (Entscheidungsvorlage "Applikationsrichtlinien & Freigabeverfahren 189"). Die Beklagte habe darin angeordnet, bei den Motoren EA 189 und EA 288 eine "Funktion" im Zuge technischer Umrüstungsmaßnahmen zu entfernen. Darüber hinaus weise der Motor EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. "Thermofensters" auf. Dabei handele es sich um eine temperaturgebundene Prüfstandserkennung, bei der die Abgasrückführungsrate in Abhängigkeit von der vorherrschenden Außentemperatur geregelt werde. Optimal funktioniere die Abgasreinigung lediglich bei Temperaturen zwischen 20 und 30° Celsius. Ab einer Außentemperatur von unter 17° C und über 30° C schalte sich das Thermofenster regelmäßig ganz ab. Die gesetzlichen Grenzwerte würden im Realbetrieb um ein Vielfaches überschritten. Der Vorstand habe Kenntnis von dem Einsatz der illegalen Abschalteinrichtungen gehabt und deren Verwendung zumindest gebilligt. Die Beklagte habe zudem ein manipuliertes On-Board-System (OBD) verwendet, welches als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 23.400,01 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % seit dem 26.05.2015 bis zum 02.06.2020 sowie i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2020 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke Audi vom Typ A3 1.6 TDI Sportback mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) B nebst zwei Fahrzeugschlüssel, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes i.H.v. 5.601,30 EUR;

2. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschaltvorrichtung in das Fahrzeug der Marke Audi vom Typ A3 1.6 TDI Sportback mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) B und der damit verbundenen Manipulation des Emissionskontrollsystems resultieren;

3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet;

4. festzustellen, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt;

5. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung i.H.v. 1.899,24 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, im streitgegenständlichen Fahrzeug komme die bei dem Motor EA 189 bekannt gewordene Umschaltlogik nicht zum Einsatz. Im Hinblick auf die in der Motorsteuerungssoftware enthaltenen Fahrkurvenerkennung hat die Beklagte die Meinung vertreten, eine Fahrkurvenerkennung sei als Zykluserkennung erst dann unzulässig, wenn die Funktion dazu genutzt werde, um die Funktion eines Teils des Emissionskontrollsystems so zu verändern, dass dessen Wirksamkeit im normalen Fahrbetrieb grenzkausal verringert werde. Sie hat behauptet, der streitgegenständliche Motor EA 288 halte die Emissionsgrenzwerte unabhängig von der Fahrkurvenerkennung ein. Die temperaturgesteuerte Abgasrückführung ("Thermofenster") stelle ebenfalls keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Die Abgasrückführung sei bei einer Außentemperatur zwischen -24°C und +70°C zu 100 % aktiv. Innerhalb des Thermofensters gebe es keine kontinuierliche Abstufung in Abhängig zur Außentemperatur. Eine Abrampung finde nicht statt. Zudem diene das Thermofenster dem Motorschutz und dem sicheren Betrieb des Fahrzeuges. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer unzulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 seien damit nicht erfüllt.

Wegen der Einzelheiten des streitigen Vorbringens der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß ...

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