Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Widerlegung des vermuteten Vorliegens eines Verfügungsgrundes bei Eintragung der Sicherungshypothek
Leitsatz (amtlich)
Zwar bedarf es gem. § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen des Erlasses der einstweiligen Verfügung keiner Feststellung der Gefährdung des mittels der Eintragung der Sicherungshypothek zu sichernden Anspruchs. Allerdings handelt es sich bei dieser Regelung nur um eine gesetzliche Vermutung des Vorliegens der Gefährdung des Anspruchs, wobei der Gegenbeweis zulässig ist. Dieser kann insbesondere durch Zeitablauf geführt werden, also dadurch, dass der Bauunternehmer/Architekt einen erheblichen Zeitraum vergehen lässt, bis er nach Stellung der Schlussrechnung die einstweilige Verfügung beantragt, wenn nicht gute Gründe den Unternehmer abgehalten haben, durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung tätig zu werden. Die Gefährdungsvermutung ist jedenfalls dann als widerlegt anzusehen, wenn mehr als eineinhalb Jahre seit Stellung der Schlussrechnung vergangen sind.
Normenkette
BGB § 885
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.09.2012; Aktenzeichen 37 O 126/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Köln vom 4.9.2012 (37 O 126/12) wie folgt abgeändert:
Die einstweilige Verfügung des LG Köln vom 4.4.2012 wird aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 542 Abs. 2 S. 1, 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Ein Anspruch der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bestand nicht, so dass die durch das LG Köln erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen war.
Denn es mangelt schon am Vorliegen eines Verfügungsgrundes, so dass aus diesem Grund die einstweilige Verfügung nicht hätte erlassen werden dürfen. Zwar bedarf es gem. § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen des Erlasses der einstweiligen Verfügung keiner Feststellung der Gefährdung des mittels der Eintragung der Sicherungshypothek zu sichernden Anspruchs. Allerdings handelt es sich bei dieser Regelung nur um eine gesetzliche Vermutung des Vorliegens der Gefährdung des Anspruchs, wobei der Gegenbeweis zulässig ist (OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.11.2002, -25 W 88/02-, zitiert nach juris). Dieser kann insbesondere durch Zeitablauf geführt werden, also dadurch, dass der Bauunternehmer/Architekt einen erheblichen Zeitraum vergehen lässt, bis er nach Stellung der Schlussrechnung die einstweilige Verfügung beantragt (OLG Hamm, Urt. v. 4.11.2003, -21 U 44/03; OLG Frankfurt, a.a.O., beide zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1999, -22 U 170/99-, zitiert nach beck-online), wenn nicht gute Gründe (z.B. Zahlungsvertröstung) den Unternehmer abgehalten haben, durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung tätig zu werden (OLG Koblenz, Beschl. v. 27.4.2007, -5 W 309/07-, zitiert nach juris). Die Gefährdungsvermutung wird jedenfalls dann als widerlegt angesehen, wenn mehr als eineinhalb Jahre seit Stellung der Schlussrechnung vergangen sind (so OLG Hamm, a.a.O.).
Derartige gute Gründe, die hier plausibilisieren könnten, warum die Verfügungsklägerin über eine geraumen Zeitraum zugewartet hat, bis sie schließlich eine einstweilige Verfügung beantragt hat, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Verfügungsklägerin hat mit Schlussrechnung vom 5.11.2010 (Anlage HWH3, Bl. 22 ff. GA) das ihrer Auffassung nach bestehende Architektenhonorar abgerechnet und hiernach mit Schreiben vom 6.12.2010 (Anlage HWH4, Bl. 29 GA) sowie 3.1.2011 (Anlage HWH4, Bl. 30 GA) die Rechnungsbeträge angemahnt. Mit Email vom 4.1.2011 hat die Verfügungsbeklagte erklärt, dass die Prüfung der Abrechnung derzeit nicht abgeschlossen werden könne, da die Fertigstellung des Bauvorhabens nicht abgeschlossen sei (Anlage HWH4, Bl. 31 GA). Die Verfügungsbeklagte hat damit - entsprechend ihrem auch jetzt dargelegten Vorbringen folgend - zum Ausdruck gebracht, dass sie erst dann prüfen und zahlen werde, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind und die tatsächlichen Fertigstellungskosten feststehen.
Die Verfügungsklägerin wusste daher seit Beginn des Jahres 2011, dass die Verfügungsbeklagte vor Beendigung des Bauvorhabens keine (weiteren) Zahlungen leisten würde. Gleichwohl hat sie erst rd. 1 Jahr und 3 Monate später das einstweilige Verfügungsverfahren eingeleitet (die Antragsschrift datiert auf den 3.4.2012). Nachvollziehbare Gründe für das Zuwarten hat sie nicht geltend gemacht, so dass die Dringlichkeitsvermutung des § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegt ist.
Andere Gründe, die eine abweichende Einschätzung rechtfertigten, hat die Klägerin nicht vorgebracht. So hat sie nicht dargelegt, dass sich in den Vermögensverhältnissen der Beklagten etwas geändert hätte oder dass das Baugrundstück als Sicherungsobjekt in Fortfall geraten könnte, so dass sie aus diesen Gründen nunmehr doch n...