Leitsatz (amtlich)
1. Ein Prozessfinanzierungsvertrag, der die Geltendmachung einer anwaltlichen Honorarforderung zum Gegenstand hat, ist aufgrund der mit dem Vertrag verbundenen Informationspflichten über die der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Einzelheiten des Mandats wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB nach § 134 BGB nichtig, sofern der Mandant der Weitergabe der Informationen an den Prozessfinanzierer nicht zugestimmt hat.
2. Die in einem solchen Vertrag vereinbarte Aufteilung des Prozesserlöses zwischen dem Prozessfinanzierer und dem Anspruchsinhaber kann auch nicht über die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aufrecht erhalten werden. Der Anwendung dieser Grundsätze steht unabhängig von der Frage, ob der Prozessfinanzierungsvertrag eine stille Innengesellschaft begründet, das gesetzliche Verbot nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB entgegen.
3. Eventuelle Ansprüche des Prozessfinanzierers aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Schadensersatz sind auf die Erstattung der von dem Prozessfinanzierer verauslagten Kosten der Rechtsverfolgung beschränkt.
Normenkette
BGB § 134; StGB § 203 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 25.08.2006; Aktenzeichen 15 O 198/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.8.2006 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Bonn - 15 O 198/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 9.702,89 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin ist ein gewerblicher Prozessfinanzierer, die Beklagten sind bzw. waren Rechtsanwälte. Sie schlossen mit der Klägerin am 7./9.2.2000 einen Prozessfinanzierungsvertrag.
Gegenstand des Vertrages war eine streitige Honorarforderung der Beklagten gegen einen Verein i.H.v. 694.698,01 DM aus Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit Überlegungen zur Übernahme eines Krankenhauses. Aus dem "Erlös der finanzierten Rechtsverfolgung" sollte die Klägerin vorab die von ihr vorgelegten Verfahrenskosten erstattet erhalten. Von dem danach verbleibenden Erlös sollte die Klägerin die Hälfte erhalten (Punkt 4 des Vertrages). Der Vertrag enthält unter der Überschrift "Anspruchsgrund" nähere Ausführungen zu der geltend gemachten Honorarforderung der Beklagten und den von ihnen erbrachten Beratungsleistungen. In einer weiteren Urkunde mit gleichem Datum traten die Beklagten die Honorarforderung an die Klägerin ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prozessfinanzierungsvertrag (GA 23 ff.) und die Abtretungsurkunde (GA 35) Bezug genommen.
Der Rechtsstreit über die Honorarforderung der Beklagten endete mit einem Vergleich vor dem OLG Koblenz, durch den die dortige Beklagte sich verpflichtete, an die dortigen Kläger und Beklagten dieses Verfahren 67.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.10.1999 zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen.
Die Parteien streiten über die Abrechnung, und zwar die Mehrwertsteuer und Zinsen auf den Vergleichsbetrag, die Kosten eines vor Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages zur Vorbereitung der Klage auf Kosten der Beklagten eingeholten Rechtsgutachtens und die sog. Foris-Gebühr für die zweite Instanz (2.514,20 EUR), die die Klägerin in ihren neueren Verträgen den Anwälten für den durch die Prozessfinanzierung entstehenden zusätzlichen Aufwand zahlt. Die Klägerin errechnet sich aus ihrer Abrechnung eine Forderung i.H.v. 9.702,89 EUR.
Das LG, dessen Urteil in JZ 2007, 203 (m. Anm. Grunewald) veröffentlicht ist, hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Prozessfinanzierungsvertrag sei wegen Verstoßes gegen die anwaltliche Schweigepflicht insgesamt nichtig. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung zunächst gegen die Feststellung des LG, dass der Prozessfinanzierungsvertrag insgesamt nach § 134 BGB nichtig sei. Die vertraglichen Informationspflichten der Beklagten stellten keinen Verstoß gegen § 203 StGB dar. Sie habe bereits vor Abschluss des Vertrages alle Informationen erhalten, so dass diese zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages keine Geheimnisse i.S.d. § 203 StGB mehr gewesen seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich "genau genommen" um zwei Prozessfinanzierungsverträge handle. Die Entscheidung zur Finanzierung der zweiten Instanz stelle den Abschluss eines erneuten Prozessfinanzierungsvertrages dar, wobei die Parteien sich über die Übernahme der Konditionen des bestehenden Vertrages für die 1. Instanz einig gewesen seien. Eine eventuelle Nichtigkeit umfasse keinesfalls diesen zweiten Vertrag, weil ein Verstoß gegen § 203 StGB spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sei.
Zudem handle es sich um eine Überraschungsentscheidung. Das LG habe lediglich auf eine mögliche Nichtigkeit der Abtretung im Hinblick auf § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO hingewiesen, so dass sie zu einer Nichtigkeit des Vertrages unabhängig von der Nichtigkeit der Abtretung der Honorar...