Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Arbeitgebers eines LKW-Fahrers auch ohne Verschulden des Halters
Leitsatz (amtlich)
Wird nicht bewiesen, dass der LKW-Fahrer (Arbeitnehmer) sich verkehrsgerecht verhalten hat, haftet sein Arbeitgeber (Halter) als Geschäftsherr gem. §§ 831,847 BGB a.F. dem Unfallgeschädigten auf Zahlung von Schmerzensgeld, wenn er den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. für fehlendes eigenes Auswahl- und Überwachungsverschulden nicht führen kann.
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 19.03.2003; Aktenzeichen 11 O 447/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weiter gehenden Rechtsmittels das am 19.3.2003 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Aachen – 11 O 447/00 abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.745,92 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 8.8.2000 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 2) und 3) dem Grunde verpflichtet sind, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote des Klägers von 30 %.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen Schäden aus dem Vorfall vom 11.5.1999 gegen 6.47 Uhr bei B auf der Kreuzung B./L. zu 70 % zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Es wird ferner festgestellt, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche zukünftigen immateriellen Schäden aus dem Vorfall vom 11.5.1999 gegen 6.47 Uhr bei B auf der Kreuzung B./L. unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote des Klägers von 30 % zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreites über die Höhe des Schmerzensgeldes und über die Kosten beider Instanzen wird die Sache an das LG Aachen zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit von 125 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 11.5.1999 gegen 6.47 Uhr bei B auf der Kreuzung B./L. ereignete und an dem außer ihm der Beklagte zu 1) als Fahrer eines dem Beklagten zu 3) gehörenden und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Lkw mit Anhänger beteiligt war.
Der Kläger fuhr zum Unfallzeitpunkt aus Richtung B kommend auf die Kreuzung B. zu. Der ihm aus Richtung H entgegenkommende Beklagte zu 1) hatte sich mit dem von ihm gesteuerten Lkw hinter einem anderen Lkw auf der Linksabbiegerspur eingeordnet. Für die Linksabbieger, die aus der Richtung H kommend die Kreuzung passieren, gilt zunächst dieselbe Ampelschaltung wie für den Geradeaus- und Rechtsabbiegerverkehr. Jenseits der Kreuzung befindet sich eine weitere Ampelanlage für Linksabbieger, die gelb blinkt, solange für den Gegenverkehr Grünlicht angezeigt wird und erst nach 15 Sekunden auf Grün umschaltet, wenn für den Gegenverkehr aus Richtung B die Ampel rot zeigt.
Als die für sämtliche Fahrtspuren aus Richtung H geltende Ampel auf Grün umschaltete, bog der vor dem Beklagten zu 1) stehende Lkw links ab. Anschließend kam es im Rahmen des Linksabbiegevorganges des Beklagten zu 1) unter zwischen den Parteien str. Umständen zu der Kollision zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem Lkw des Beklagten zu 3). Der Kläger erlitt bei dem Unfall erhebliche Verletzungen, u.a. ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, multiple Gesichtsverletzungen, Verletzungen des linken Ohres und Auges, Verletzungen des Unterkiefers, Zahnschäden und Narben. Er befand sich für geraume Zeit in stationärer Behandlung und hat inzwischen sein Studium des Bauingenieurwesens aufgegeben.
Mit der Behauptung, er habe sich der Kreuzung mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h genähert und sei bei Grün in diese eingefahren, während der Beklagte zu 1) im Rahmen seines Linksabbiegevorganges seine Vorfahrt missachtet habe, hat der Kläger Ersatz der ihm entstandenen materiellen und immateriellen Schäden begehrt. Dabei hat er den ihm aufgrund der erlittenen Schäden entstandenen Schmerzensgeldanspruch mit mindestens 150.000 DM angegeben.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 21.159,34 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 8.8.2000 zu zahlen;
2. die Beklagten zu 1)–3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Vo...