Leitsatz (amtlich)
Für die sofortige Beschwerde nach erfolgloser Ablehnung des Sachverständigen im FamFG-Verfahren ist der Einzelrichter zuständig.
Normenkette
FamFG § 30 Abs. 1; ZPO § 406 Abs. 5, § 568 S. 2
Verfahrensgang
AG Traunstein (Beschluss vom 06.12.2011; Aktenzeichen 7 VI 1020/10) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Traunstein vom 6.12.2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 2 bis 5 im Beschwerdeverfahren zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1 hat im Nachlassverfahren u.a. die Sachverständige abgelehnt. Gegen die Zurückweisung dieses Antrages durch den Beschluss des AG vom 6.12.2011 richtet sich die sofortige Beschwerde. Der Einzelrichter hat das Verfahren gem. §§ 30 Abs. 1 FamFG, 568 S. 2 ZPO auf den Senat zur grundsätzlichen Klärung der Frage der Einzelrichterzuständigkeit im Verfahren der Sachverständigenablehnung nach dem FamFG übertragen.
II.1. Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung der Ablehnung des Sachverständigen im FamFG-Verfahren obliegt dem Einzelrichter (im Ergebnis ebenso OLG Naumburg BeckRS 2011, 27400 und OLG Hamm BeckRS 2010, 26538). Im vorliegenden Fall ergibt sich das daraus, dass das AG durch Beweisbeschluss vom 6.6.2011 die Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet hat. Damit sind auf die Erhebung des Sachverständigenbeweises gem. § 30 Abs. 1 FamFG die Vorschriften der ZPO entsprechend anwendbar. Dies gilt selbst dann, wenn die vor erfolgreicher Ablehnung des damals tätigen Richters getroffene Beweisanordnung verfahrensfehlerhaft gewesen sein sollte (vgl. dazu etwa Zöller/Vollkommer, 29. Aufl. 2012, Rz. 4 zu § 47 ZPO). Nach §§ 406 Abs. 5, 568 Satz 1 ZPO, 30 Abs. 1 FamFG ist über die Beschwerde gegen die Ablehnung des Ablehnungsantrags durch den Einzelrichter zu entscheiden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Regelung des § 30 Abs. 1 FamFG zur Beweiserhebung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung keinen ausdrücklichen Verweis auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde enthält. Insoweit hält der Senat erklärtermaßen nicht mehr an der Auffassung fest, dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei Fehlen einer ausdrücklich anderweitigen gesetzlichen Regelung die Vorschriften über das im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegebene regelmäßige Rechtsmittel gelten (vgl. etwa OLG München NZG 2008, 555 [556]). Im Falle der Sachverständigenablehnung ergibt sich die Geltung der Regelungen der §§ 58 ff. FamFG auch nicht daraus, dass § 6 Abs. 2 FamFG für das Verfahren der Ablehnung von Gerichtspersonen wie Richtern, Rechtspflegern und Urkundsbeamten (vgl. zum Begriff etwa Keidel/Zimmermann, 17. Aufl. 2011, Rz. 2 zu § 6 FamFG) die entsprechende Anwendung der Beschwerdevorschriften der ZPO ausdrücklich anordnet, wie dies auch in § 21 Abs. 2 FamFG im Hinblick auf die Aussetzung des Verfahrens der Fall ist. Denn diesen Vorschriften kann der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, für der Hauptsacheentscheidung vorausgehende Entscheidungen die Geltung der Vorschriften der Zivilprozessordnung inklusive der Einzelrichterzuständigkeit anzuordnen. Außerdem gilt für die Sachverständigenablehnung seit jeher (vgl. etwa § 406 Abs. 1 ZPO in der vor Inkrafttreten der ZPO-Reform am 1.1.2002 geltenden Fassung), dass dieser aus denselben Gründen wie ein Richter abgelehnt werden kann. Auch wenn die Zivilprozessordnung im Hinblick auf das Ablehnungsverfahren nicht zwingend auf die Vorschriften über die Richterablehnung zurückgreift (vgl. etwa MünchKomm/Zimmermann, 3. Aufl. 2008, Rz. 11 zu § 406 ZPO), lässt sich hieraus ohne weiteres ableiten, dass für die Sachverständigenablehnung im Rechtsmittelverfahren keine anderen Fristen und Zuständigkeiten gelten können als für die Richterablehnung, soweit das FamFG insoweit keine anderen Anordnungen trifft.
2. Die innerhalb der Frist der §§ 30 Abs. 1 FamFG, 406 Abs. 5, 569 Abs. 1 Ssatz 1 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil keine objektiven Gründe vorliegen, die vom Standpunkt der Beschwerdeführerin aus bei vernünftiger Betrachtung Anlass geben könnten, Zweifel an der Unvoreingenommenheit bzw. Unparteilichkeit der abgelehnten Sachverständigen zu hegen (vgl. etwa BayObLG NJW-RR 1988, 163 [164]).
2.1 Das AG hatte die Sachverständige mit Beschlüssen vom 6. und 28.6.2011 mit der Beantwortung der Frage beauftragt, ob der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung am 7.7.2010 testier- bzw. geschäftsfähig gewesen sei. Der zuletzt gefasste Beschluss erging, nachdem beim AG der Schriftsatz des Vertreters der Beteiligten zu 2 bis 5 vom 17.6.2011 am 20.6.2011 eingegangen war. Insofern fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Frage der Prüfung der Geschäftsfähigkeit des Erblassers auf Anregung der Sachverständigen in das Verfahren eingef...