Entscheidungsstichwort (Thema)
Volljährigenadoption: Ablehnung einer Volladoption wegen überwiegender Interessen des leiblichen Vaters der Anzunehmenden
Leitsatz (amtlich)
Ablehnung einer Volljährigenadoption, die als Adoption mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme beantragt ist, wegen überwiegender Interessen des leiblichen Vaters der erwachsenen Anzunehmenden.
Normenkette
BGB §§ 1767, 1772
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 10.11.2008; Aktenzeichen 4 T 1116/08) |
AG Ansbach (Aktenzeichen XVI 17/07) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des LG Ansbach vom 10.11.2008 werden zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit notarieller Urkunde vom 22.8.2007 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Annahme der Beteiligten zu 2 (geb. 1978) als Kind durch den Beteiligten zu 1 (geb. 1946), dem Ehemann von deren leiblicher Mutter, der Beteiligten zu 4, welche ihre Einwilligung zur beantragten Adoption erteilt hat. Beantragt wurde die Adoption mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme (Volladoption). Das AG hörte das zuständige Jugendamt schriftlich und den leiblichen Vater der Anzunehmenden (Beteiligter zu 3) zunächst schriftlich und am 29.4.2008 mündlich an. Dieser ist mit einer Adoption seiner erwachsenen, nichtehelichen Tochter durch den Beteiligten zu 1 grundsätzlich einverstanden; allerdings habe der Ausspruch, dass die beantragte Adoption die Wirkung einer Minderjährigenadoption hat, zu unterbleiben, da dies seine Interessen gefährde. Durch die Volladoption verliere er seinen grundsätzlich bestehenden Unterhaltsanspruch ggü. der Beteiligten zu 2, der er - mit einer Unterbrechung von zwei Jahren - bis zur Vollendung des 28. Lebensjahrs Unterhalt geleistet habe.
Mit Beschluss vom 14.8.2008 lehnte das AG die Adoption der Beteiligten zu 2 durch den Beteiligten zu 1 ab. Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde ein. Diese wies das LG mit Beschluss vom 10.11.2008 zurück. Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2.
II. Die zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Voraussetzungen für eine Volljährigenadoption lägen vor, insbesondere sei zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden. Die Annahme der Beteiligten zu 2 als Kind durch den Beteiligten zu 1 sei für sich genommen sittlich gerechtfertigt, nicht jedoch eine Annahme mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption (§ 1772 Abs. 1 BGB).
Zwar sei die Anzunehmende die Tochter der Ehefrau des Annehmenden und sei auch bereits als Minderjährige in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden, so dass nach § 1772 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Volladoption grundsätzlich möglich sei; zusätzlich sei jedoch eine umfassende Abwägung der Interessen der am Adoptionsverfahren Beteiligten vorzunehmen, wobei Prüfungsmaßstab der Zweck der Volladoption und das Verbot des § 1772 Abs. 1 Satz 2 BGB seien. Ein Kind, dessen Verbindung zur leiblichen Verwandtschaft faktisch oder rechtlich abgebrochen wurde, solle durch Volladoption eine vollwertige Ersatzfamilie erhalten, die eine ungestörte Entwicklung sichere. Bestehe dagegen noch Verbindung zur leiblichen Familie, so sei der Abbruch dieser Beziehung auch nach Erreichung der Volljährigkeit grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Vorliegend bestehe faktisch keine Verbindung der Anzunehmenden zu ihrem leiblichen Vater. Abgesehen von den Unterhaltsleistungen, die der leiblich Vater für die Anzunehmende bis zur Vollendung von deren 28. Lebensjahr (mit einer Unterbrechung von ca. 2 Jahren) geleistet habe, habe auch früher kein sozialer Kontakt zwischen der Anzunehmenden und ihrem leiblichen Vater bestanden. Dies spreche
für eine Volladoption. Eine solche sei jedoch dann sittlich nicht gerechtfertigt, wenn sich damit das inzwischen volljährige Kind faktisch seiner ggü. dem leiblichen Elternteil bestehenden gesetzlichen Unterhaltspflicht entziehe, während es seinerseits während der Zeit seiner Bedürftigkeit von diesem Elternteil versorgt worden sei. Gemäß § 1772 Abs. 1 Satz 2 BGB dürfe einem Antrag auf Volladoption nicht entsprochen werden, wenn überwiegende Interessen der Eltern des Anzunehmenden entgegenstünden. Dies sei hier der Fall. Zwar sei der leibliche Vater der Anzunehmenden gegenwärtig berufstätig und niemandem zu Unterhalt verpflichtet, so dass er derzeit für sich selber sorgen könne; angesichts seines niedrigen Einkommens könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass er - etwa wenn sich seine Verdienstmöglichkeiten krankheits- oder altersbedingt weiter verschlechtern sollten - auf Unterhaltsansprüche gegen die Beteiligte zu 2 angewiesen sein könnte.
Weiter sei zu berücksichtigen, dass die beantragte Volladoption nicht erforderlich sei, um eine weitere ungestörte Entwicklung der Anzunehmenden sicherzustellen. Bereits durch eine Adoption nach den Vorschriften über die Annahme Vol...