Leitsatz (amtlich)

Für die Annahme der "konkludenten" Bestellung eines Verfahrensbeistandes kann im Hinblick auf die - gerade in Vergütungsfragen notwendige - Klarheit hinsichtlich der Einzelheiten der Beauftragung (konkretes Verfahren, welches Kind?, AufgabensteIlung, erweiterter Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG? etc.), aber auch wegen der gesetzlich vorgesehenen Erforderlichkeitsprüfung, § 158 Abs. 1, 2 FamFG, nur in Ausnahmefällen Raum sein.

 

Normenkette

FamFG § 158

 

Verfahrensgang

AG Kempten (Aktenzeichen 1 F 995/15)

 

Tenor

Die Beschwerde von Rechtsanwältin ... wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Die Beschwerde betrifft die Frage, ob Rechtsanwältin ... auch in dem vorliegenden Überprüfungsverfahren gemäß §§ 166 Abs. 1 FamFG, 1696 Abs. 1 BGB zum Verfahrensbeistand bestellt und daher vergütungsberechtigt ist.

In dem Ausgangsverfahren des AG Kempten mit dem Az. 1 F 721/09 waren mit Beschluss vom 05.11.2009 Maßnahmen der elterlichen Sorge angeordnet worden.

Auf eine gerichtliche Aufforderung vom 21.10.2015 hinsichtlich der Erforderlichkeit der Fortdauer dieser Anordnungen nahm die im Ausgangsverfahren als Verfahrensbeistand tätige Rechtsanwältin ... mit Schreiben vom 29.10.2015 Stellung; sie beantragte darin Anberaumung eines Termines und Aufhebung des Beschlusses vom 05.11.2009.

Das AG legte mit diesem, unter dem Aktenzeichen des Ausgangsverfahrens eingereichten, Schriftsatz das neue, nunmehr vorliegende Verfahren 1 F 995/15 an. Nach Erholung einer Stellungnahme des Jugendamtes hob es sodann am 24.11.2015 den Beschluss vom 05.11.2009 im Verfahren 1 F 721/09 auf und berichtigte mit weiterem Beschluss vom 01.12.2015 diese Entscheidung dahin, dass die Aufhebung für beide betroffenen Kinder gelte.

Am 26.11.2015 beantragte Rechtsanwältin ... "die Beiordnung der Unterzeichnerin als Verfahrensbeistand im Altverfahren 1 F 721/09 auch auf das aktuelle Verfahren zu erstrecken". Die hierzu angehörte Bezirksrevisorin äußerte zunächst die Ansicht, es habe kein Anlass zur Anlegung eines neuen Verfahrens bestanden, die beantragte Erstreckung komme daher nicht in Betracht. Demgegenüber vertrat Rechtsanwältin ... die Auffassung, das Verfahren 1 F 721/09 sei formell rechtskräftig abgeschlossen, weshalb die Einleitung eines neuen Verfahrens korrekt gewesen sei. In diesem sei sie "jedenfalls konkludent" zum Verfahrensbeistand bestellt worden, was sich bereits aus dem Rubrum des Beschlusses vom 24.11.2015 ergebe. Im Übrigen sei die Bestellung eines Verfahrensbeistandes nicht anfechtbar, weshalb die Einholung einer Stellungnahme der Bezirksrevisorin nicht veranlasst gewesen sei. Gleichzeitig beantragte sie die Festsetzung einer Vergütung für zwei Kinder in Höhe von EUR 700,00 (2 mal EUR 350,00). Die Bezirksrevisorin blieb bei ihrer Ansicht, wonach kein Raum für die Vergütung sei, da es im Überprüfungsverfahren gemäß § 166 FamFG an einer Bestellung fehle. In einem ausführlichen Aktenvermerk vom 07.06.2016 vertrat der zuständige Familienrichter die Meinung, Rechtsanwältin ... sei mit ihrem Schreiben vom 29.10.2015 "technisch" bereits im Überprüfungsverfahren tätig geworden. Ein zeitlich vorausgehender Bestellungsbeschluss sei "objektiv technisch nicht möglich" gewesen; Rechtsanwältin ... habe "aus Treu und Glauben" davon ausgehen können, "dass sie auch im Überprüfungsverfahren bestellt wird/ist". Der Bestellungsbeschluss könne auch konkludent erfolgen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies die Rechtspflegerin den Festsetzungsantrag gleichwohl zurück, da eine Bestellung zum Verfahrensbeistand im Überprüfungsverfahren unterblieben sei. Eine konkludente Bestellung sei nicht möglich, weil der Umfang der Beauftragung im erweiterten Aufgabenkreis wegen § 158 Abs. 4 Satz 4 FamFG festzulegen und zu begründen sei. Dagegen richtet sich die Beschwerde von Rechtsanwältin ..., mit der sie weiterhin ihre Ansicht vertritt, insbesondere durch die Aufforderung des Gerichts zu einer Stellungnahme, konkludent zum Verfahrensbeistand bestellt worden zu sein; eine Begründung sei nicht nötig. Eine Erstreckung auf den erweiterten Wirkungskreis sei nicht beabsichtigt gewesen, weshalb im Zweifel die Mindestgebühr von EUR 350,00 pro Kind angefallen sei. Die umfassende Stellungnahme im Altverfahren genüge zur Herbeiführung des Vergütungsanspruches.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg; eine "konkludente" Bestellung zum Verfahrensbeistand mag in Ausnahmefällen denkbar sein - hier indes ist für eine diesbezügliche Annahme kein Raum.

1. Aus den Akten ist zunächst nicht ersichtlich, dass das Gericht dem Antrag von Rechtsanwältin ... vom 26.11.2015 nachgekommen wäre, die Beiordnung als Verfahrensbeistand "im Altverfahren 1 F 721/09" auch auf das aktuelle Verfahren zu erstrecken. Es mag sein, dass das Gesetz - was nicht verkannt wird - insoweit keinen besonderen Bestellungsakt vorsieht; dennoch lässt sich hier weder in der Aufforderung zu einer bloßen...

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