Leitsatz (amtlich)
1. Die Versagung der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs kann in der Regel nicht mehr auf Ablehnungsgründe gestützt werden, wenn diese nicht im Verfahren nach § 1037 ZPO geltend gemacht wurden.
2. Die Befangenheit eines Schiedsrichters kann regelmäßig nicht aus einem "besonderen Näheverhältnis" zum schiedsgerichtlich bestellten Sachverständigen abgeleitet werden.
3. Zum Vorliegen eines Hindernisses für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, wenn es das Schiedsgericht unterlässt, ein weiteres Gutachten ("Obergutachten") anzuordnen (hier verneint).
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 412, 1036-1037, 1049 Abs. 3, § 1042 Abs. 1 S. 2, § 1051 Abs. 3, § 1059 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 4
Tenor
I. Das aus den Schiedsrichtern Rechtsanwalt xxx als Vorsitzendem, Rechtsanwalt xxx und Steuerberater xxx bestehende Schiedsgericht erließ am 30.4.2013 in Stuttgart folgenden am 8.8.2013 berichtigten Schlussschiedsspruch:
1. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, an den Schiedskläger EUR 238.574,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.3.2007 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Schiedsklage abgewiesen.
3. Die Kosten des Schiedsverfahrens trägt der Schiedsbeklagte zu 4/5, der Kläger zu 1/5. Die Entscheidung über die Höhe der Kosten bleibt dem Kostenschiedsspruch vorbehalten.
II. Dieser Schiedsspruch wird in den Ziffern 1. und 3. zugunsten des Antragstellers für vollstreckbar erklärt.
III. Die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens trägt der Antragsgegner.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf 238.574,40 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung eines am 30.4.2013 ergangenen und am 8.8.2013 um die Ortsangabe ergänzten (berichtigten) inländischen (Schluss-) Schiedsspruchs.
1. Zwischen den Parteien war in Stuttgart ein schiedsgerichtliches Verfahren anhängig. Dieses hatte Forderungen des Antragstellers, insbesondere Abfindungsansprüche, aus einem am 30.12.1998 geschlossenen Vertrag über eine aus zwei Gesellschaftern bestehende Sozietät von Steuerberatern zum Gegenstand. Mit dem Gesellschaftsvertrag hatten die Parteien einen Schiedsvertrag geschlossen, demzufolge über alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, auch zwischen den Gesellschaftern untereinander, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ein Schiedsgericht entscheidet. Für das Schiedsverfahren sollen grundsätzlich die Bestimmungen der §§ 1025 ff. ZPO, insbesondere § 1034 ZPO gelten. Im Übrigen ist bestimmt:
V. ... Danach haben die Schiedsrichter vor Erlass des Schiedsspruchs die Parteien zu hören und den dem Streit zugrundeliegenden Sachverhalt zu ermitteln, soweit sie die Ermittlung für erforderlich halten. Im Übrigen wird das Verfahren von den Schiedsrichtern nach freiem Ermessen bestimmt ...
VI. ...
VII. ...
VIII. Für alle gerichtlichen Entscheidungen ist das LG Kempten zuständig.
2. Der Schiedskläger (Antragsteller) kündigte den Sozietätsvertrag mit Schreiben vom 21.12.2006 zum 31.01.2007 und erhob zur Auseinandersetzung und zur Durchsetzung seiner Abfindungsansprüche Schiedsklage. Nachdem die Parteien hinsichtlich einzelner Punkte den Streit für erledigt erklärt hatten, erließ das Schiedsgericht am 25.10.2011 in Stuttgart einen Teilschiedsspruch, den der Senat am 20.04.2012 für vollstreckbar erklärt hat (Az. 34 Sch 3/12).
3. Das Schiedsgericht holte zur Ermittlung des Unternehmenswerts zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Schiedsklägers ein Sachverständigengutachten ein. Der Schiedsbeklagte (Antragsgegner) erhob gegen das Gutachten Einwände, indem er zwei Privatgutachten vorlegte. Zu diesen nahm der schiedsgerichtlich bestellte Sachverständige mehrmals Stellung.
Das Schiedsgericht sprach sodann im Schlussschiedsspruch vom 30.4.2013 - ausgehend von einem Kanzleiwert in Höhe von 596.436,00 EUR - dem Antragsteller 238.574,40 EUR zu und wies die Schiedsklage im Übrigen ab. In den Gründen des Schiedsspruchs setzte es sich mit den vorgelegten Parteigutachten auseinander. Es lehnte die Einholung eines Obergutachtens ab, da das erstattete Gutachten weder unvollständig noch widersprüchlich sei noch von falschen Anknüpfungstatsachen ausgehe. Es seien auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass ein anderer Gutachter über überlegene Sachkunde gegenüber einem bundesweit bekannten unabhängigen Hochschullehrer verfüge, der anerkanntermaßen ein Spezialist für Unternehmensbewertungen sei. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Randnummern 74 bis 97 des Schiedsspruchs Bezug genommen.
Der Schiedsspruch ging den Bevollmächtigten des Antragsgegners am 21.5.2013 zu.
4. Der Antragsteller hat die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs hinsichtlich des ihm günstigen Teils beantragt.
5. Der Antragsgegner hat mit Eingang beim OLG am 20.8.2013 beantragt, den Antrag zurückzuweisen und den Schlussschiedsspruch aufzuheben.
Der Antrag wird gestützt auf § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO (Verstoß gegen Verfahrensregeln und fehlerhafte Besetzun...