Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einigungsgebühr in Abstammungsverfahren
Normenkette
RVG-VV Nrn. 1000, 1003
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 14.07.2010; Aktenzeichen 535 F 6810/09) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 348,20 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren die Feststellung begehrt, dass ihr Kind Rosemary E. das leibliche Kind des Beklagten ist. Nachdem der Beklagte seine Vaterschaft bestritten und Klageabweisung beantragt hatte, hat das AG München mit Beschluss vom 1.9.2009 gem. § 358a ZPO die Erholung eines DNA-Gutachtens mit serostatischer Berechnung angeordnet. Vor Versendung der Akten an den gerichtlich bestellten Sachverständigen haben sich die Parteien dahin verständigt, ein privates Institut mit der Begutachtung zu beauftragen. Nach Erstellung des Privatgutachtens, das zu dem Ergebnis gekommen war, die Vaterschaft des Beklagten sei praktisch erwiesen, hat dieser die Vaterschaft vor dem Standesamt München anerkannt. Die Klägerin hat daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt. Das AG München hat mit Beschluss vom 2.12.2009 dem Beklagten (Antragsgegner) die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10.12.2009 Kosten im Gesamtbetrag von 577,75 EUR zur Festsetzung gegen den Beklagten angemeldet und dabei eine 1,2 Terminsgebühr i.H.v. 159,60 EUR und eine 1,0 Einigungsgebühr i.H.v. 133 EUR geltend gemacht. Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 14.7.2010 die von der Beklagtenpartei an die Klagepartei zu erstattenden Kosten auf 229,55 EUR festgesetzt. Die Berücksichtigung der geltend gemachten Terminsgebühr und der Einigungsgebühr hat sie abgelehnt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, es sei in dem streitigen Verfahren zu einer Einigung der Parteien dahingehend gekommen, zur Vermeidung unnötiger Kosten ein privates Institut mit einem DNA-Test zu beauftragen. Hierüber sei das Gericht informiert worden. Das Vaterschaftsgutachten sei nach Eingang mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 12.10.2009 dem Gericht vorgelegt worden. Auf Grund des Ergebnisses des Gutachtens habe sich der Beklagte bereit erklärt, die Vaterschaft anzuerkennen. Auf Grund der außergerichtlichen Einigung habe die Klägerin das Verfahren schließlich für erledigt erklären können. Selbst im Rahmen der Prozesskostenhilfe seien die Gebühren für die Mitwirkung des Rechtsanwalts an einem außergerichtlichen Vergleich erstattungsfähig. Im Kostenfestsetzungsverfahren könne nichts anderes gelten. Ansonsten müssten die beantragten Gebühren der Klägerin im Rahmen der Prozesskostenhilfe gewährt werden. Dieses Ergebnis sei absurd.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).
Das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin hat die Festsetzung der Termins- und der Einigungsgebühr mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt.
1. Die Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1003 VV-RVG entsteht durch die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
a) Ein wirksamer Vertrag in diesem Sinn kann nur zustande kommen, wenn die Parteien über den Gegenstand der Einigung tatsächlich verfügen können, insoweit also dispositionsbefugt sind (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., VV 1000 Rz. 65). Diese Voraussetzung fehlt in Kindschaftsverfahren (nunmehr Abstammungssachen) gem. § 640 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 ZPO, in denen die Parteiherrschaft eingeschränkt ist (es sind gem. Art. 111 FGG-RG die bis zum 31.8.2009 geltenden Bestimmungen anzuwenden, da das Verfahren bereits vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist). So besteht in diesen Verfahren keine Bindung an Anerkenntnisse und Geständnisse, ein Anerkenntnisurteil kann nicht ergehen (§§ 640 Abs. 1, 2. Halbs., 617 ZPO; vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 640 Rz. 29a). Zudem gilt der Grundsatz der Amtsaufklärung (§ 640 Abs. 1, Halbs. 2 i.V.m. § 616 Abs. 1 ZPO).
b) Eine Einigung der Parteien über das Bestehen der Vaterschaft ist nicht möglich. Der Beklagte hat lediglich die Möglichkeit, die Anerkennung der Vaterschaft in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts zu erklären (§ 641c ZPO a.F.; nunmehr § 180 FamFG). Die Abgabe einer dahingehenden Erklärung durch seine Partei lässt für den Prozessbevollmächtigten jedoch keine Einigungsgebühr entstehen (Zöller/Philippi, ZPO, a.a.O., § 641c Rz. 4). Dies gilt umso mehr, wenn die Anerkennung der Vaterschaft - wie hier - außerhalb des gerichtlichen Verfahrens erfolgt, und zwar nicht in Folge einer Verständigung zwischen den Parteien, sondern auf Grund des eindeutigen Ergebnisses des außergerichtlich erholten Privatgutachtens. Damit handelt es sich letztlich um ein einseiti...