Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 37 O 1312/18)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens

3. Der Beschwerdewert beträgt 778,80 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger machte mit seiner Klage Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte geltend. In der Klageerwiderung gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab. Daraufhin erklärte der Kläger die Annahme der Unterlassungserklärung und den Klageanspruch für erledigt. Die Beklagte schloss sich der Erledigterklärung an. Am 18.09.2018 erging Beschluss des Landgerichts München I nach § 91a ZPO, in dem der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden und der Streitwert auf 6.000,00 EUR festgesetzt wurde.

Mit Kostenfestsetzungsantrag machte der Kläger unter anderem eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG in Höhe von 424,80 EUR und eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG in Höhe von 354,00 EUR geltend. Die Beklagte wandte sich gegen die Festsetzung einer Termins- und Einigungsgebühr.

Am 08.11.2018 erging Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 975,20 EUR nebst Zinsen festgesetzt wurden. Die Rechtspflegerin lehnte die Festsetzung der beantragten Einigungs- sowie Terminsgebühr ab mit der Begründung, ein Vergleich sei nicht geschlossen worden, auch die übereinstimmende Erledigterklärung stelle keinen Fall der Einigung dar. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Kläger am 23.11.2018 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 23.11.2018, eingegangen beim Landgericht München I am selben Tag, legte der Kläger sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ein. Zur Begründung führt er aus, mit der Abgabe der Unterlassungserklärung und deren Annahme sei ein Vergleich geschlossen worden, weil mit diesen Erklärungen der Streit vertraglich beigelegt worden sei. Weil hier über das Anerkennen des Unterlassungsanspruchs hinaus eine Vertragsstrafe versprochen werde, liege auch kein reines Anerkenntnis vor.

Die Rechtspflegerin half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 15.01.2019 nicht ab und legte die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

II. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte, sofortige Beschwerde (§§ 104 Abs. 3 S. 1, 567, 569 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat die Festsetzung einer 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG und einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG zu Recht abgelehnt.

1. Die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Einigungsgebühr liegen nicht vor.

a) Nach Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG entsteht die Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Die Einigungsgebühr setzt keinen protokollierten Vergleich voraus, sondern nur eine Einigung über materielle Ansprüche (BGH, NJW 2007, 2187; Senat Beschl. v. 20.06.2007 - 11 W 1724/07; Beschl. v. 29.07.2009 - 11 W 1864/09; OLG Nürnberg, MDR 2011, 455). Der Vertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (s. BGH NJW 2007, 2187; FamRZ 2009, 43 jew. m.w.N.; OLG Düsseldorf, JurBüro 2009, 25 m.w.N.). Eine materiell-rechtliche Regelung, mit der der Streit oder die Ungewissheit beseitigt wird, führt zu einer Einigungsgebühr, beispielsweise, wenn sich die Parteien über den eingeklagten Kaufpreis einigen (s. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 23. Aufl., Nr. 1000 VV Rz. 126).

b) Eine einseitige prozessuale Gestaltungserklärung wie eine Klagerücknahme oder Erledigterklärung und die ggf. erforderliche Zustimmung des Prozessgegners hierzu beinhalten als solche keine Vereinbarung in diesem Sinne und führen damit grundsätzlich nicht zur Entstehung einer Einigungsgebühr für die beteiligten Prozessbevollmächtigten. Etwas anderes gilt dann, wenn die Parteien über die Klagerücknahme und die Zustimmung der beklagten Partei oder einen Verzicht der Beklagten auf einen Kostenantrag eine Vereinbarung treffen, also einen Vertrag schließen (Senat JurBüro 1992, 322; OLG Koblenz JurBüro 2006, 638; Gerold/Schmidt//Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 41, 42). Der Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Sinne der Nr. 1000 VV RVG beseitigt wird, kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn inhaltlich etwas anderes als ein bloßes Anerkenntnis oder ein bloßer Verzicht durch eine der Parteien vereinbart wird (Senat, Beschl. v. 12.01.2015 - 11 W 2496/14). Liegt hinsichtlich des streitgegenständlichen Anspruchs materiell-rechtlich lediglich ein bloßes Anerkenntnis oder ein bloßer Verzicht vor, erfolgt dies aber in Form eines Vergleichs, entsteht keine Einigungsgebühr, es bleibt inhaltlich ein bloßes Anerkenntnis (ThürLSG AGS 2012, 72; Hartmann, KostG, 48. Aufl., VV RVG 1000 Rz. 20; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 194)

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