Leitsatz (amtlich)
1. Über Abhilfe oder Nichtabhilfe einer Beschwerde hat das Grundbuchamt grundsätzlich durch Beschluss zu entscheiden, der mit Gründen zu versehen und den Beteiligten bekannt zu geben ist.
2. Weist das Nichtabhilfeabhilfeverfahren schwere Mängel auf, kann das Beschwerdegericht die Sache an das Grundbuchamt zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgeben (zu 1. und 2.: Anschluss an OLG München - 31. Zivilsenat - vom 4.2.2010, 31 Wx 13/10).
3. Erklärt der Testamentsvollstrecker als Veräußerer die Auflassung, hat das Grundbuchamt dessen Verfügungsbefugnis zu prüfen. Der Testamentsvollstrecker verfügt nicht unentgeltlich, wenn die Verfügung in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers vorgenommen wurde. Der Nachweis muss nicht in der Form des § 29 GBO geführt werden.
Normenkette
BGB § 2205 S. 3; GBO §§ 29, 75
Verfahrensgang
AG Erding (Entscheidung vom 12.01.2010) |
Tenor
I. Die Nichtabhilfe- und Vorlageverfügung des Amtsgerichts Erding - Grundbuchamt - vom 12. Januar 2010 wird aufgehoben.
II. Die Akten werden dem Amtsgericht Erding - Grundbuchamt - zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.
Gründe
I. Der am 21.7.2008 verstorbene Kaufmann G. hinterließ seine Ehefrau und vier gemeinsame Kinder, die Beteiligten zu 2 bis 6. Über seinen Nachlass, zu dem Grundbesitz gehört, hat er letztwillig verfügt und Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Beteiligte zu 1 ist zum Testamentsvollstrecker ernannt.
Zu notarieller Urkunde vom 29.10.2009 nahmen die Beteiligten eine Erbauseinandersetzung vor, die auch die Übertragung von Grundeigentum umfasste. Auf den Vollzugsantrag des Notars vom 3.12.2009 hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 29.12.2009 unter Fristsetzung die Vorlage eines Erbscheins verlangt. Dieser sei erforderlich wenn es zum Nachweis der Entgeltlichkeit auf die Erbfolge ankomme. Der strenge Urkundsbeweis werde nur da gelockert, wo die Urkunden praktisch unmöglich beizubringen seien; das gelte aber nicht, wenn die Möglichkeit des Nachweises gegeben sei.
Mit der Beschwerde vom 11.1.2010 wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass ein Erbschein nicht erforderlich sei, weil der Testamentsvollstrecker in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers verfüge. Der Nachweis, dass es sich um die Erfüllung einer letztwilligen Verfügung handele, schließe die Unentgeltlichkeit der Verfügung aus. Der Nachweis brauche nicht in Form des § 29 GBO geführt zu werden, vielmehr genüge die Vorlage des privatschriftlichen Testaments.
Das Grundbuchamt hat am 12.1.2010 - ohne Begründung und ohne Verständigung der Beteiligten - schriftlich festgehalten, der Beschwerde werde nicht abgeholfen, und die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht verfügt.
II. Die Sache wird zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Amtsgericht - Grundbuchamt - zurückgegeben, da dessen Verfahrensweise nicht den an ein Abhilfeverfahren zu stellenden Mindestanforderungen genügt.
1. Wird die Beschwerde (§ 71 Abs. 1 GBO) beim Grundbuchamt eingelegt (§ 73 Abs. 1 GBO), verpflichtet § 75 GBO das Grundbuchamt, über die Abhilfe zu entscheiden.
Die Vorschrift ist nicht dahin zu verstehen, dass nur dann, wenn das Grundbuchamt die Beschwerde für begründet erachtet, förmlich zu entscheiden ist. Vielmehr ist auch die Nichtabhilfe eine Sachentscheidung und als solche regelmäßig in Beschlussform zu treffen und den Beteiligten bekannt zu geben (vgl. Hügel/Kramer GBO § 75 Rn. 19, 22, sowie LG Kaiserslautern NJOZ 2006, 2601 - bei beck-online; siehe auch Senat vom 27.11.2007, 34 Wx 107/07 = FGPrax 2008, 13). Insoweit enthalten die seit 1.9.2009 in Kraft befindlichen Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG vom 17.12.2008 BGBl I S. 2586) in § 68 Abs. 1 Satz 1, § 38 Abs. 3 Satz 1, § 41 FamFG ausführlichere Regelungen, ohne dass daraus Rückschlüsse auf geringere Anforderungen im Grundbuchverfahren zu ziehen wären. Demgemäß genügt ein Aktenvermerk mit Übersendungsverfügung in der Regel nicht. Die Anforderungen an Begründungsumfang und -dichte hängen naturgemäß vom Einzelfall ab. Wird die Beschwerde nicht begründet oder enthält die Beschwerdebegründung keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte, auf die nicht schon in der Ausgangsentscheidung eingegangen wurde, so kann eine kurze Begründung oder auch nur eine Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung durchaus genügen. Anders verhält es sich bei nach § 74 GBO zulässigem neuem - wesentlichem - Vorbringen des Beschwerdeführers (siehe auch Meikel/Streck GBO 10. Aufl. § 75 Rn. 13), oder wenn das wesentliche Vorbringen zwar nicht neu ist, aber die Ausgangsentscheidung die tragende Argumentation des Beschwerdeführers nicht behandelt hat. Auf alle Ausführungen muss, wie auch sonst in gerichtlichen Entscheidungen, nicht eingegangen werden. Der Nichtabhilfebeschluss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss muss aber erkennen lassen, dass der Erstrichter/Rechtspfleger das wesentliche...