Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterlegungsverfahren in Bayern: Rechtsweg für Herausgabe eines hinterlegten Kfz-Briefes; Nachweis der Rechtsnachfolge durch eine polnische Erbbescheinigung; Antrag auf Erteilung eines Fremdrechtserbscheins
Normenkette
GVGEG §§ 23, § 23 ff.; HintG BY Art. 5, 8 Abs. 3
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 18.08.2015; Aktenzeichen 38 HL 505/14) |
Tenor
1. Die Anträge der Antragstellerin im Schriftsatz vom 21.09.2015 auf Verpflichtung der Hinterlegungsstelle zur Herausgabe und auf Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert wird auf 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Am 03.06.2014 beantragte die... Bank in München die Annahme zur Hinterlegung bezüglich der "Zulassungsbescheinigung Teil II (KfZ-Brief) Fahrgestellnummer:..."). Der Kunde der... Bank sei am 27.07.2012 in Polen verstorben, auf das Recht der Rücknahme werde verzichtet, mögliche Empfänger seien seine Ehefrau (die Antragstellerin), seine Mutter und seine drei Schwestern als Erben. Da die... Bank zu den Erben keine ausreichenden Angaben machen konnte, änderte die... Bank den Annahmeantrag dahin, dass die möglichen Empfänger die "unbekannten Erben" sein sollten. Mit dieser Maßgabe ordnete das AG München am 30.09.2014 die Annahme zur Hinterlegung an.
Mit Schreiben vom 19.05.2015 beantragte die Antragstellerin die Herausgabe des Kfz-Briefs an sie. Ausweislich der beigefügten einfachen Kopie einer beglaubigten Übersetzung aus dem Polnischen betreffend das Protokoll des AG Torun vom 22.12.2014 (Az.: XI Ns 1458/14) habe der Antragstellerin das Fahrzeug gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann zu gleichen Teilen gehört, so dass ein Miteigentumsanteil von 1/2 in den Nachlass gefallen sei. Dieser Anteil sei durch den am 22.12.2014 protokollierten "Vergleich" mit den übrigen Erben ihr zugewiesen worden. Daher sei sie nun Alleineigentümerin des Fahrzeugs und bitte um Herausgabe des zugehörigen Kfz-Briefs.
Durch Bescheid vom 23.07.2015 lehnte das AG die Herausgabe ab. Die Antragstellerin habe nicht durch Erbschein ihre Erbenstellung nachgewiesen und somit auch nicht ihre Beteiligteneigenschaft (Art. 5 BayHintG).
Dagegen wendete sich die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 04.08.2015 mit der Beschwerde. Beigefügt waren einfache Kopien des Beschlusses des AG Torun vom 07.03.2013 (Az.: Ns 1888/12) und des vorgenannten Protokolls vom 22.12.2014, jeweils mit deutscher Übersetzung aus dem Polnischen. Inhalt des Beschlusses vom 07.02.2013 ist danach die Feststellung der Erbberechtigten nach dem zuletzt in Polen wohnhaft gewesenen Erblasser: Die Ehefrau (die Antragstellerin) zu 1/2, die Mutter zu 1/4, die drei Schwestern zu je 1/12. Die Berechtigung der Antragstellerin sei daher ausreichend nachgewiesen.
Durch Bescheid vom 18.08.2015 wies der Präsident des AG München die Beschwerde zurück. Die Antragsberechtigung der Antragstellerin sei nicht nachgewiesen. Die polnische Erbbescheinigung entfalte keine Rechtswirkung im deutschen Rechtsverkehr, eine staatsvertragliche Regelung der Anerkennung existiere nicht (§§ 107 - 109 FamFG).
Dagegen wendete sich die Antragstellerin mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 21.09.2015. Der Beschluss des AG Torun vom 07.02.2013 sei am 28.02.2013 rechtskräftig geworden. Das Beharren des Hinterlegungsgerichts auf einem deutschen Erbschein sei fehlerhaft, weil auch dann nur ein gemeinschaftlicher Erbschein zu erwarten sei und die Erbauseinandersetzung durch den Vergleich vom 22.12.2014 erfolgt sei. Die Straßenverkehrsbehörde habe der Antragstellerin ein Ultimatum zur Ummeldung des Fahrzeugs gesetzt (wozu der Kfz-Brief erforderlich sei). Auch die Finanzbehörden betrachteten die Antragstellerin als Eigentümerin und hätten wegen der Privatentnahme des Fahrzeugs aus dem Betriebsvermögen von der Antragstellerin Steuer nachverlangt. Das sei eine groteske Situation.
Hierzu übersandte der Präsident des AG München die Stellungnahme vom 15.10.2015.
II. Der Antrag vom 21.09.2015 nach §§ 23 ff. EGGVG, Art. 8 Abs. 3 BayHintG ist fristgerecht eingegangen und auch sonst zulässig. Der Antrag hat aber keinen Erfolg.
1. Die Antragsberechtigung der Antragstellerin ist nicht nachgewiesen. Sie kommt als Berechtigte in Betracht, weil die Hinterlegerin als mögliche Berechtigte die "unbekannten Erben" angegeben hat und sie möglicherweise zu dieser Personengruppe gehört (Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG). Durch die vorgelegten Schriftstücke des AG Torun vom 07.02.2013 und 22.12.2014 konnte die Antragstellerin jedoch nicht ihre Zugehörigkeit zu der Personengruppe nachweisen. Denn der Beschluss des AG Torun vom 07.02.2013 kann im deutschen Rechtsverkehr nicht als Erbbescheinigung mit den Rechtswirkungen eines deutschen Erbscheins anerkannt werden (MüKo/Mayer, BGB, 6. Aufl. 2013, § 2353 Rdnr. 189; Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl. 2016, § 2353 Rdnr. 74). Demzufolge bleibt derzeit offen, ob die Antragstellerin überhaupt Erbin nach ihrem Ehemann geworden ist. Um ihre Erbenstellung nachzuweisen, hätte die Antragstellerin entspre...