Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beschränkung der Deckungszusage im Rechtsstreit mit der Berufsunfähigkeitsversicherung
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 23 O 17281/09) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der versicherten Person Rechtsschutz in dem aus Ziff. I des Endurteils vom 2.12.2009 ersichtlichen Umfang zu gewähren.
1. Es hat zutreffend die behauptete Vorvertraglichkeit verneint, nachdem die A. L. Versicherung im Ausgangsrechtsstreit eine Pflichtverletzung durch die versicherte Person im vorvertraglichen Zeitraum gerade nicht behauptet hat. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsbegründung behauptet (S. 4; Bl. 72 d.A.) die versicherte Person, der Geschäftsführer der Klagepartei, habe den Rentenantrag bereits in vorvertraglicher Zeit gestellt und hierfür dessen Vernehmung als Partei beantragt, kann sie mit diesem von der Klagepartei bestrittenen Vortrag gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht gehört werden. Die Beklagte macht nicht geltend, dass sie dieses Vorbringen auf Erkenntnisse stützt, die ihr erst in zweiter Instanz zugänglich geworden sind. Dies liegt auch nicht nahe, nachdem die Beklagte offensichtlich zur Substantiierung dieser Behauptung nicht in der Lage ist, und sie deshalb auch keinerlei konkrete Daten vorträgt, sondern diese erst im Wege der Ausforschung des Geschäftsführers der Klagepartei in Erfahrung bringen will.
Dass die Klagepartei bis dahin den Zeitpunkt der Antragstellung bei der A. L. Versicherung niemals genannt habe, ist im Übrigen nicht zutreffend. Sie hat bereits mit Schriftsatz vom 27.10.2009 (S. 2; Bl. 23 d.A.) vorgetragen, dass die versicherte Person ihre Ansprüche bei der A. L. Versicherung im Juni 2007 angemeldet hat.
2. Der versicherten Person war es im Hinblick auf § 17 Abs. 5c) cc) ARB 2005 auch nicht verwehrt, neben den rückständigen Renten und rückständigen Beitragsrückzahlungsansprüche auch die künftigen Ansprüche geltend zu machen. Dies ist, wie dem erkennenden Senat als Versicherungssenat aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten aus dem Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung bekannt ist, aus gutem Grund gängige Praxis. Völlig zu Recht hat das Erstgericht in diesem Zusammenhang den Gesichtspunkt hervorgehoben, dass nur bei dieser prozessualen Gestaltung der obsiegende Versicherungsnehmer vor einer Leistungseinstellung des Berufsunfähigkeitsversicherers durch die in den Versicherungsbedingungen vereinbarten Regelungen über das Nachprüfungsverfahren in nicht unerheblichem Umfang geschützt ist. Der Berufsunfähigkeitsversicherer trägt die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Versicherungsleistungen nachträglich wieder entfallen sind. Zudem setzt die Einstellung der Leistungen eine Einstellungsmitteilung des Versicherers über das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens voraus, an welche die Rechtsprechung strenge Maßstäbe anlegt. In der Regel ist im Nachprüfungsverfahren der Vergleich des Gesundheitszustandes des Versicherten, wie ihm der Versicherer in seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand des Versicherten zu einem späteren Zeitpunkt maßgebend. In diesen Fällen ist die Mitteilung des Versicherers nur nachvollziehbar, wenn er seine Vergleichsbetrachtung und die daraus gezogenen Folgerungen aufzeigt (BGH NJW-RR 1993, 721). Die Einstellung oder Herabsetzung der Leistungen des Berufsunfähigkeitsversicherers im Nachprüfungsverfahren setzt voraus, dass der Versicherer den Gesundheitszustand, den er seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Nachprüfung vergleichend aufzeigt und darlegt, von welchen Gesundheitsverhältnissen und welchen sich daraus ergebenden Folgen für die Berufsunfähigkeit er bei Abgabe seines Anerkenntnisses ausgegangen ist. Dabei ist darzulegen, auf welche in der Zwischenzeit aufgetretenen Verbesserungen der Gesundheitsverhältnisse sich der Versicherer berufen will, wobei die ärztlichen Gutachten, auf die der Versicherer sein Verlangen stützen will, dem Versicherungsnehmer voll umfänglich zugänglich zu machen sind. Nicht ausreichend ist die Mitteilung ärztlicher Diagnosen, wenn sich daraus nicht ergibt, welche Veränderungen des Gesundheitszustandes im Einzelnen beim Versicherungsnehmer eingetreten sind und zu einer bedingungsgemäß erheblichen Verbesserung geführt haben sollen. Auch genügt es nicht, wenn der Versicherer den von ihm im Zeitpunkt des Anerkenntnisses angenommenen Grad der Berufsunfähigkeit diejenige Gradzahl gegenüberstellt, die ein Gutachter zu einem späteren Zeitpunkt ermittelt hat. Ebenso wenig genügt es, nur den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Nachprüfung mitzuteilen (vgl. KG RuS 2006, 515). All dieser Vorteile begibt sich der Versicherungsnehmer, der lediglich eine Teilklage auf Zahlung der rückständigen Renten erhebt. Dies ist ihm nicht ...