Verfahrensgang

AG Miesbach (Beschluss vom 25.06.2016; Aktenzeichen VI 0701/12)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Miesbach - Nachlassgericht - vom 25.6.2016 wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte zu 1 hat die dem Beteiligten zu 2 im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen i.S.d. § 168 Abs. 1 Nr. 1 FamFG für die von der Beschwerdeführerin erstrebte Festsetzung der von ihr geltend gemachten Aufwendungen, insbesondere der Anwaltsgebühren gemäß RVG hinsichtlich der von ihr entfalteten Tätigkeit als Anwältin für den Nachlass, nicht vorliegen.

1. Gemäß §§ 1960, 1962 BGB i.V.m. § 1835 BGB kann der Nachlasspfleger neben seiner Vergütung, die nach § 168 Abs. 1 Nr. 2 FamFG durch das Nachlassgericht festgesetzt wird, auch den Ersatz von Aufwendungen und Vorschuss verlangen. Zu den Aufwendungen gehören nach § 1835 Abs. 3 BGB auch Dienste des Pflegers, die zu seinem Gewerbe oder Beruf gehören. Darunter fällt bei einem Rechtsanwalt als berufsmäßigen Nachlasspfleger seine Tätigkeit für die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung des unbekannten Erben in seiner streitigen Angelegenheit, die daher nach RVG abgerechnet werden kann. Der Anwalt kann die Prozessgebühren nicht nach § 11 RVG gegen die unbekannten Erben als eigene Partei festsetzen lassen. Er ist aber berechtigt, die zur Erfüllung seiner Aufwendungsersatzansprüche erforderlichen Geldmittel dem Nachlass zu entnehmen bzw. bei Beendigung der Nachlasspflegschaft nach § 1890 BGB vom herauszugebenden Nachlassvermögen abzuziehen, (vgl. MüKoBGB/Leipold 7. Auflage ≪2017 ≫ § 1960 Rn. 93 ff. m.w.N). Der Aufwendungsersatz wird bei nicht mittellosem Nachlass nicht durch das Nachlassgericht festgesetzt (MüKoBGB/Leipold a.a.O. § 1960 Rn. 96; Palandt/Weidlich BGB 77. Auflage ≪2018 ≫ § 1960 Rn. 28; Staudinger/ Staudinger/Mešina ≪2017≫ BGB § 1960 Rn. 35). Gebühren, die ein Rechtsanwalt als Nachlasspfleger in einem Rechtsstreit des unbekannten Erben verdient hat, sind als Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB nicht vom Nachlassgericht festzusetzen, sondern im Streitfall vor den ordentlichen Gerichten einzuklagen (Haenecke NJW 1965, 1814; OLG Köln NJW 1967, 2408; ZEV 1994, 316 ≪317 ≫; BayObLG FamRZ 1991, 861 ≪862≫; Rpfleger 1984, 356 m.w.N.). Bei Streit zwischen dem Nachlasspfleger und dem endgültigen Erben hat das Prozessgericht zu entscheiden. Der Ersatzanspruch des Nachlasspflegers begründet eine Nachlassverbindlichkeit (BayObLG FamRZ 1991, 861 ≪862 ≫; FamRZ 1995, 683).

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist dem Nachlassgericht vorliegend die von der Beschwerdeführerin erstrebte Festsetzung der von ihr geltend gemachten Aufwendungen - Gebühren nach dem RVG samt sonstigen geltend gemachten Aufwendungen (Porto/Fahrtkosten) - nach dem Wortlaut des § 168 Abs. 1 Nr. 1 FamFG grundsätzlich verwehrt. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor: der Nachlass ist weder mittellos noch ist der Beschwerdeführerin die Vermögenssorge für den Nachlass nicht übertragen worden (sie wurde als Nachlasspflegerin u.a. für den Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses unter Feststellung der berufsmäßigen Führung der Nachlasspflegschaft bestellt).

a) Die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen stellt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine Frage der (sachlichen) Zuständigkeit des Nachlassgerichts dar, sondern betrifft die materiellen Voraussetzungen für die erstrebte Festsetzung. Denn die von der Beschwerdeführerin erstrebte Festsetzung der von ihr angesetzten Beträge fußt in ihrer Tätigkeit als Nachlasspflegerin im Sinne des § 1960 BGB. Hierfür ist das Nachlassgericht grundsätzlich sachlich zuständig (§ 1962 BGB i.V.m § 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG).

Die (sachliche) Zuständigkeit des Nachlassgerichts wie auch des Senats für eine Entscheidung ergibt sich aber auch daraus, da die Beschwerdeführerin im Kern die Auffassung vertritt, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze betreffend den Tod eines Mündels in Bezug auf die Aufhebung der Nachlasspflegschaft entsprechende Anwendung finden.

Im Rahmen des Betreuungsverfahren wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass der Vormund auch wenn die Voraussetzungen des § 168 Abs. 1 Nr. 1 FamFG nicht vorliegen, nach dem Tod des Mündels eine Festsetzung von Aufwendungen erfolgen kann, da der Tod den Wegfall der Verfügungsgewalt des Vormunds zur Folge hat. Hat der frühere Vermögensvormund die Möglichkeit der Entnahme nicht mehr, so sei der ratio legis nach das Festsetzungsverfahren eröffnet (vgl. Keidel/Engelhardt FamFG 19. Auflage ≪2017 ≫ § 168 Rn. 17; vgl. OLG Hamm OLGR 2003, 275 m.w.N.; BayObLG Beschluss v. 7.9.2004 - 1 Z BR 070/04-juris Tz. 9). Insofern betrifft das Vorbringen der Beschwerdeführerin Fragen, die sowohl für Zulässigkeit als auch für...

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