Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichswert einer Direktzusage im Versorgungsausgleich, wenn der Ausgleichspflichtige bereits Rente aus der auszugleichenden Versorgung bezieht und der Ausgleichswert als Barwert trotz des Leistungsbezugs zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt höher ist als zum Zeitpunkt des Ehezeitendes.
Verfahrensgang
AG Landshut (Aktenzeichen 2 F 521/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der B. AG wird der Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landshut vom 12.05.2022, Az.: 2 F 521/21, in Ziffer 2 Abs. 3 abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der B. AG (Personal-Nr.: ...769) aus der Gesamtbetriebsvereinbarung betreffend die Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 29.04.2021 ein Anrecht in Höhe von 47.416,73 EUR, bezogen auf den 31.07.2022, bei der Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG begründet. Die B. AG wird verpflichtet, den Betrag gemäß Satz 1 bei Rechtskraft der Entscheidung an die Versorgungsausgleichskasse zu bezahlen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Ehegatten gegeneinander aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.050,00 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die beteiligten Ehegatten hatten am 20.01.1989 vor dem Standesbeamten des Standesamtes L. unter der Heiratsregister-Nr. ...10/1989 die Ehe geschlossen. Seit 2019 leben sie getrennt. Dem Antragsgegner wurde der Scheidungsantrag der Antragstellerin am 28.05.2021 zugestellt. Gemäß § 3 VersAusglG ist mithin von einer Ehezeit vom 01.01.1989 bis 30.04.2021 auszugehen.
Während der Ehezeit war der Antragsgegner bei der B. AG beschäftigt. Er ist am 24.09.1979 als Arbeitnehmer in die B. AG eingetreten und mit Wirkung zum 01.05.2022 verrentet worden. Seitdem bezieht er u.a. Versorgungsbezüge aus einer betrieblichen Altersversorgung der B. AG, die im Wege der Direktzusage aufgrund der Gesamtbetriebsvereinbarung betriebliche Altersversorgung und Hinterbliebenenversorgung in der derzeitigen Fassung vom 29.04.2021 zugesagt worden war.
Die Höhe dieser betrieblichen Altersversorgung richtet sich nach einem Festbetrag, der mit der Anzahl der bis zur Verrentung bzw. Ausscheiden eines Ehegatten zurückgelegten Dienstjahre zu multiplizieren ist. Für den Festbetrag ist entscheidend, welcher Entgeltgruppe der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Verrentung bzw. des Ausscheidens aus dem Betrieb angehört. Aus der Auskunft der B. AG vom 09.07.2021 ergibt sich, dass der für den Antragsgegner maßgebliche monatliche Festbetrag 9,00 EUR beträgt.
Die BMW AG hat im Verfahren erster Instanz eine Auskunft über den Ehezeitanteil und den Ausgleichswert des Anrechts des Antragsgegners, das sich damals noch in der Anwartschaftsphase befand, erteilt. Hierbei ist die B.AG davon ausgegangen, dass der Antragsgegner mit Erreichen der Regelaltersgrenze von 66 Jahren in den Ruhestand eintreten wird. Auf dieser Grundlage hat die B. AG eine mögliche Versorgungsanwartschaft in Höhe von jährlich 4.752,00 EUR errechnet. Diese ergibt sich, in dem der monatliche Festbetrag von 9,00 EUR mit der Anzahl der bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze von 66 Jahren möglichen Anzahl der Dienstjahre von 44 multipliziert wird.
Auf dieser Grundlage hat die B. AG auch den Ehezeitanteil berechnet. Zu diesem Zweck hat die B. AG entsprechend § 2 BetrAVG, § 40 VersAusglG zunächst die bis zum Ehezeitende erreichte Betriebszugehörigkeit zur fiktiv gesamt möglichen Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis gesetzt und sodann die in der Ehezeit zurückgelegte tatsächliche Betriebszugehörigkeit zu der bis zum Ende der Ehezeit erreichten tatsächlichen Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis gesetzt. Hieraus ergibt sich ein Ehezeitanteil von 3.448,32 EUR. Aus diesem Ehezeitanteil hat die B. AG den Kapitalwert und Ausgleichswert des Ehezeitanteils nach Maßgabe von § 45 Abs. 1 VersAusglG, § 4 Abs. 5 BetrAVG errechnet. Die B. AG hat hierbei die modifizierten Richttafeln 2018 G nach Heubeck, einen Rechnungszins von 1,49 % pro Jahr und einen Rententrend von 1,33 % pro Jahr zugrunde gelegt und auf dieser Grundlage einen dem Ehezeitanteil entsprechenden Barwert der Zusage von 85.303,28 EUR und einen Ausgleichswert in Höhe von 42.651,64 EUR errechnet. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Auskunft der B. AG vom 09.07.2021 verwiesen.
Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht - Familiengericht - Landshut für die Ehegatten den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Anrechts hat das Amtsgericht - Familiengericht - Landshut folgende Entscheidung getroffen:
"Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der B.AG (Versorgungs-Nr. ...769 BV betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 42.651,64 EUR bei der Versorgungsausgleichskasse, bezogen auf den 30.04.2021, begründet. Die B. AG wird verpflichtet, diesen Betrag nebs...