Leitsatz (amtlich)

Versagung der Anerkennung eines in der Demokratischen Republik Algerien ergangenen Scheidungsurteils im Inland.

 

Normenkette

FamFG §§ 107, 109 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG München

 

Tenor

I. Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Präsidenten des OLG München vom 10.10.2011 wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das gerichtliche Verfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten schlossen am 16.1.2009 vor dem Standesamt von Beni Yenni (Demokratische Republik Algerien) die Ehe. Die Antragsgegnerin ist algerische Staatsangehörige; sowohl zum Zeitpunkt der Eheschließung wie auch während des Scheidungsverfahrens besaß der Antragsteller sowohl die deutsche als auch die algerische Staatsangehörigkeit.

Am 20.12.2010 reichte der Antragsteller über einen Bevollmächtigten beim Gerichtshof von Tizi Ouzou, Gericht von Ouacif (Demokratische Republik Algerien), Scheidungsklage ein. Ein Nachweis über die Mitteilung des Antrags an die Antragsgegnerin liegt nicht vor. Nach den im Scheidungsurteil angeführten Tatsachen ist die Antragsgegnerin zu Sitzungen nicht erschienen, obwohl sie gemäß dem Gesetz geladen gewesen sei. Die Ehe wurde durch Urteil des angerufenen Gerichtshofs vom 10.2.2011 in Verbindung mit einem Berichtigungsurteil vom 26.5.2011 geschieden. Das Scheidungsurteil wurde dem in Algerien lebenden Vater der Antragsgegnerin durch den Gerichtsvollzieher am 28.3.2011 übergeben.

Schon zum Zeitpunkt der Eheschließung, aber auch während des Scheidungsverfahrens lebte der Antragsteller in Deutschland. Die Antragsgegnerin hatte jedenfalls seit August 2009 im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt und damit auch während des in Algerien anhängigen Scheidungsverfahrens. Die Beteiligten wohnten in der Stadt N. (Bayern), wo die Antragsgegnerin ab 15.2.2011 zur Geburt eines Kindes mehrfach das Krankenhaus aufsuchte.

Der Antragsteller hat am 1.7.2011 beim Präsidenten des OLG München die Anerkennung der ausländischen Ehescheidung beantragt. Die Antragsgegnerin hat sich gegen die Anerkennung ausgesprochen und mit Schriftsatz vom 20.7.2011 beantragt, den Antrag auf Anerkennung des Scheidungsurteils zurückzuweisen. Der Präsident des OLG München hat am 10.10.2011 festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des bezeichneten Urteils vom 10.2.2011 nicht vorliegen, soweit es auf Scheidung lautet.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller und beantragt zudem, ihm für das gerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Antragsgegnerin sei an dem Scheidungsverfahren vor einem dafür zuständigen Gericht ausreichend beteiligt worden. In Ergänzung des bisherigen Vortrags, wonach der Scheidungsantrag sowie insgesamt vier Ladungen durch das algerische Gericht an die Adresse der Antragsgegnerin in Algerien mitgeteilt worden seien und ihr auch das Scheidungsurteil am 28.3.2011 wirksam zugestellt worden sei, wird nun auch darauf verwiesen, dass die Antragsgegnerin durch ihren Vater ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. Die Bevollmächtigung des Vaters der Antragsgegnerin ergebe sich daraus, dass der Bruder der Antragsgegnerin in Anwesenheit ihres Vaters am 18.3.2011 die Ehegeschenke zurückgenommen habe. Auch ergebe sich die Bevollmächtigung des Vaters in Algerien aus der mit Schreiben vom 17.9.2011 erklärter Rücknahme des Klageantrags vom 27.6.2011, mit der die Antragsgegnerin Schadensersatz wegen der Scheidungsfolgen geltend gemacht habe.

Im Übrigen habe sich die Antragsgegnerin im Scheidungsverfahren einlassen können, von dem sie jedenfalls durch mündliche Äußerungen des Antragstellers und einem anwaltlichen Schreiben vom 23.12.2010 an ihren deutschen Bevollmächtigten Kenntnis gehabt habe.

Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass sie weder den Vater noch einen Anwalt in Algerien bevollmächtigt und im Scheidungsverfahren keine gerichtlichen Schriftstücke erhalten habe.

II. Der Antrag auf Entscheidung durch das OLG München ist statthaft (§ 107 Abs. 6 Satz 1, Abs. 8 FamFG) und auch im Übrigen zulässig. Er ist jedoch ohne Erfolg.

1. Der gem. § 107 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 5 GZVJu i.d.F. v. 1.10.2009 (GVBl. S. 523) zuständige Präsident des OLG München hat zutreffend festgestellt, dass die Anerkennungsvoraussetzungen nicht vorliegen.

Die Anerkennungshindernisse sind enumerativ in § 109 FamFG aufgeführt.

a) § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG steht der Anerkennung der Ehescheidung nicht entgegen. Nach dem sog. Spiegelbildprinzip (vgl. MünchKomm/Rauscher ZPO, 3. Aufl., § 109 FamFG Rz. 11; Keidel/Zimmermann FamFG 17. Aufl., § 109 Rz. 27) ist die internationale Zuständigkeit des Erststaates nach den Vorschriften des deutschen internationalen Zivilprozessrechts zu bestimmen, für das Scheidungsverfahren also nach Maßgabe von §§ 98, 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Danach ergibt sich die internationale Zuständigkeit des algerischen Gerichts bereits daraus, dass mindestens ein Ehegatte, hier die Antragsgegnerin, die algerische Staatsangehörigkeit besitzt und übe...

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