Leitsatz (amtlich)
1. Das Grundbuchamt hat die Wirksamkeit einer Vollmacht und den Umfang der Vertretungsmacht selbständig zu prüfen, auch wenn der Urkundsnotar die Vollmacht für ausreichend angesehen hat.
2. Zum Vertretungsnachweis, wenn der Bevollmächtigte zugleich als Unterbevollmächtigter Grundbucherklärungen abgibt.
3. Folgen eines fehlenden Vollmachtsnachweises im Grundbuchbeschwerdeverfahren.
Normenkette
BGB §§ 133, 164; GBO §§ 19, 29; FamFG § 10 Abs. 3, § 11
Verfahrensgang
AG Traunstein - Grundbuchamt (Aktenzeichen SE-1463-37) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen die Zwischenverfügung des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 27.6.2012 wird verworfen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 EUR.
Gründe
i. Der Beteiligte zu 5 veräußerte Grundbesitz an die Beteiligte zu 4. Mit dem Vollzugsantrag sind Pfandfreigabeerklärungen vorgelegt. Diese beziehen sich u.a. auf ein im Grundbuch eingetragenes Gasleitungsrecht (Zweite Abt. lfd. Nr. 9), das den Beteiligten zu 1 bis 3 als Gesamtberechtigten gem. § 428 BGB zusteht. Die maßgebliche Pfandfreigabeerklärung hat die bei der Beteiligten zu 1 beschäftigte kaufmännische Angestellte Iris St. unter dem 17.4.2012 abgegeben, die hierbei zugleich namens und in Vollmacht der Beteiligten zu 2 und 3 auftrat. Die Vollmachten der Beteiligten zu 2 und 3 für die Beteiligte zu 1 gestatten die Erteilung einer Untervollmacht an Mitarbeiter der Beteiligten zu 1. Die der Angestellten I. S. erteilte Vollmacht vom 8.9.2010 lautet auszugsweise:
Die in unseren Diensten stehenden ... 3. Frau I. S. sind bevollmächtigt, im Namen der (Beteiligten zu 1) sämtliche Erklärungen abzugeben, die die Löschung oder Rangänderung (...) von dinglichen Grundstücksbenutzungsrechten betreffen. Die Bevollmächtigten sind befugt, jeweils einzeln zu handeln.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 27.6.2012 beanstandet, dass die an Frau I. S. erteilte Vollmacht vom 8.9.2010 keine ausdrückliche Bevollmächtigung beinhalte, Löschungsbewilligungen bzw. Pfandfreigabeerklärungen auch im Namen der weiteren Rechtsinhaber abzugeben. Mit Fristsetzung wurde um Nachreichung einer entsprechenden Unterbevollmächtigung gebeten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerdeschrift der Beteiligten zu 1, einer auf dem Energiesektor tätigen Gesellschaft (GmbH), die die vorgelegten Vollmachtsurkunden für genügend erachtet. Es sei nachgewiesen, dass die Beteiligte zu 1 bevollmächtigt sei, in den bezeichneten Angelegenheiten die jeweiligen Geschäftsherren zu vertreten und Untervollmachten zu erteilen. Frau S. könne die Grundbucherklärungen im Namen des Hauptbevollmächtigten, und zwar entweder als Bevollmächtigte der Geschäftsherren oder als entsprechend Bevollmächtigte der Hauptbevollmächtigten abgeben. Überdies ermächtige eine allgemeine Vollmacht den Vertreter als Unterbevollmächtigten auch zu Erklärungen, zu deren Abgabe der Vollmachtgeber als Hauptbevollmächtigter von Dritten (dem Geschäftsherrn) bevollmächtigt worden sei. Ohne entsprechende Anhaltspunkte könne nicht von Beschränkungen der Vollmacht ausgegangen werden, wenn keine Einschränkungen bezüglich einer Unterbevollmächtigung beurkundet worden seien.
Außerdem könne die vom Notar akzeptierte Vertretung vom Grundbuchamt nicht mehr beanstandet werden. Denn die dem Notar bekannten und in den Grundakten hinterlegten Vollmachten hätten diesem genügt, woran das AG gebunden sei.
Im Übrigen folge die Vollmacht der Frau S. aus den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 16.7.2012 nicht abgeholfen.
Die auf dem Briefpapier der Beteiligten zu 1 erstellte Beschwerdeschrift trägt zwei unleserliche Unterschriften, die wohl von Beschäftigten der Gesellschaft stammen. Der Aufforderung des Senats, die Verfahrensvollmacht nachzuweisen (§ 11 FamFG), wurde innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen.
II. Die nach § 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1 und § 73 GBO i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 2 FamFG an sich statthafte und auch formgerecht eingelegte Beschwerde ist unzulässig, weil die Vollmacht des (der) für die Beteiligte zu 1 handelnden Vertreter(s) im Beschwerdeverfahren trotz dafür gesetzter gerichtlicher Frist nicht nachgewiesen ist (vgl. § 11 FamFG i.V.m. § 89 ZPO; Keidel/Zimmermann FamFG 17. Aufl., § 11 Rz. 34; Zöller/Vollkommer ZPO, 29. Aufl., § 89 Rz. 8, § 88 Rz. 6). Sie hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg gehabt.
1. Die Löschung des Rechts auf den vermessenen Teilflächen bedarf nach § 19 GBO der Bewilligung der davon Betroffenen. Dies sind neben der Beteiligten zu 1 auch die Beteiligten zu 2 und 3 in Gesamtberechtigung. Handelt die Beteiligte zu 1 auch für die Beteiligten zu 2 und 3, muss gegenüber dem Grundbuchamt die Vollmacht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.
2. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben jeweils Vollmachten erteilt, die die Beteiligte zu 1 berechtigen, sie im Grundbuchverfahren zu vertreten (§ 164 BGB), insbesondere auch über die maßgeblichen Dienstbarkeiten zu verfügen und dazu Untervollmacht (u....