Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz, Fahrzeug, Haftung, Mitgliedstaat, Pkw, Anspruch, Software, Verletzung, Wirksamkeit, Darlegungslast, Verfahren, Voraussetzungen, Verschulden, Kaufpreis, Zug um Zug, sittenwidriges Handeln, nicht ausreichend

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 06.09.2022; Aktenzeichen 7 O 615/22)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 06.09.2022, Az. 7 O 615/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

3. Binnen selber Frist können die Parteien zur Höhe des Streitwerts Stellung nehmen.

 

Gründe

I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die Voraussetzungen einer Haftung gemäß § 826 BGB sind höchstrichterlich abstrakt seit langem geklärt. Ob diese im konkreten Fall für eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorliegen, hängt von den in tatrichterlicher Würdigung des jeweiligen Sachvortrags zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab und kann nicht Gegenstand einer grundsätzlichen Klärung durch den Bundesgerichtshof sein (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2021 - VII ZR 179/21, BeckRS 2021, 38634 Rn. 9). Selbiges gilt für die Voraussetzungen einer Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV (BGH, Urteile vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22, juris; Urteil vom 10. Juli 2023 - VIa ZR 1119/22, juris).

Das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. April 2021, Az.: 8 U 68/20, führt zu keiner anderen Betrachtung und hindert eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht, da der dortige Senat die seiner Rechtsprechung zugrunde liegenden maßgeblichen Gründe in Bezug auf die Fahrkurve bei Motoren des Typs EA 288 ausdrücklich aufgegeben hat (OLG Naumburg, Urteile vom 10. Dezember 2021 - 8 U 63/21, juris Rn. 11; vom 16. Dezember 2021 - 8 U 36/21, juris Rn. 16; vom 17. Dezember 2021 - 8 U 1/21, juris Rn. 61; 8 U 11/21, juris Rn. 60; 8 U 54/21, juris Rn. 67; 8 U 58/21, juris Rn. 67, vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. März 2022 - VIa ZR 334/21, juris Rn. 14).

II. Im Übrigen ist Folgendes auszuführen:

1. Nach dem vom Erstgericht insoweit als unstreitig festgestellten Sachverhalt erwarb die Klagepartei am 16. Juni 2017 bei einem Dritten einen gebrauchten Passat zum Preis vom 46.980 EUR. Der Pkw ist mit einem von der Beklagten hergestellten Motor mit der Bezeichnung EA 288 ausgestattet. Einen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamts gibt es für die streitgegenständlichen Fahrzeugtypen und den dort verbauten Motorentyp nicht.

Aufgrund des unstreitigen Parteivortrags ist weiter davon auszugehen, dass das Fahrzeug der Schadstoffklasse Euro 6 unterliegt. Der Stickstoffausstoß der Fahrzeuge wird durch ein Abgasrückführungssystem (AGR) geregelt; zusätzlich ist ein SCR-Katalysator Stickstoffspeicherkatalysator (NSK) verbaut. Die Abgasrückführung wird temperaturabhängig gesteuert, was dazu führt, dass die Abgasreinigung bei gewissen Temperaturen reduziert wird (sog. Thermofenster). Die Bedatung des Thermofensters ist zwischen den Parteien streitig.

2. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Senat hat bereits mehrfach durch Hinweisbeschluss ausgeführt und - sofern nicht daraufhin eine Rücknahme der Berufung erklärt worden ist - durch Zurückweisungsbeschluss entschieden, dass bezüglich des Motors EA 288 weder in der Ausführung Euro 5 noch in der Ausführung Euro 6, sei es mit NOx-Speicher-Katalysator (NSK) oder SCR-Katalysator (SCR), Schadensersatzansprüche von Käufern in Betracht kommen.

Die Rechtsprechung des Senats steht im Einklang mit derjenigen weiterer Senate des Oberlandesgerichts München (OLG München, Urteil vom 30. Juli 2021 - 24 U 6281/20, juris; Urteil vom 15. Juni 2021 - 9 U 5466/20, BeckRS 2021, 47470) und anderer Oberlandesgerichte (vgl. etwa: Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteile vom 16. Dezember 2021 - 8 U 41/21 vom 17. Dezember 2021 - 8 U 54/21; OLG Dresden, Urteile vom 5. November 2021 - 9a U 2510/20; vom 22. Dezember 2022 - 4 U 1415/22 [Euro 6, SCR]; OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Oktober 2021 - 11 U 153/20; Beschluss vom 4. Januar 2023 - 24 U 24/22; OLG Koblenz, Urteile vom 5. August 2021 - 1 U 632/20; vom 4. Januar 2023 - 13 U 1428/22 [Euro 6, NSK]; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteile vom 22. Juli 2021 - 11 U 125/20; vom 11. Januar 2022 - 7 U 84/21; OLG Köln, Urteil vom 21. Juli 2021 - 5 U 183/20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22. Februar 2022 - 8 U 143/21; OLG Saarbrücken, Urteil vom 5. Januar 2022 - 2 U 61/21). Diese Rechtsprechung ist vom Bundesgerichtshof gebilligt worden (vgl. neben zahlreichen dem...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge