Leitsatz (amtlich)
1.
Die Entscheidung des Nachlassgerichts, auf die für Antragsteller eines Erbscheins vorgeschriebene eidesstattliche Versicherung nicht zu verzichten, kann als Zwischenverfügung mit der Beschwerde angefochten werden.
2.
Zur fehlerfreien Ermessensausübung des Nachlassgerichts, im Fall einer testamentarisch eingesetzten gemeinnützigen Stiftung, die einen Erbschein beantragt, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht zu erlassen.
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 17.08.2006; Aktenzeichen 16 T 13411/06) |
AG München (Entscheidung vom 04.07.2006; Aktenzeichen 63 VI 4217/06) |
Tenor
I.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 17. August 2006 wird zurückgewiesen.
II.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die am XXX im Alter von XXX Jahren verstorbene Erblasserin war ledig und kinderlos.
Ein aus amtlicher Verwahrung erholtes handschriftliches Testament der Erblasserin vom 19.1.2006 hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:
"Nach meinem Tod soll die K.-Stiftung mein Spargeld erben. Konto bei der H.-Bank."
Der Wert und die Zusammensetzung des Nachlasses ist bisher nicht abschließend aufgeklärt. Die Niederschrift vom 19.1.2006 über die Inverwahrungnahme des Testaments gibt einen Geschäftswert von 10.000 EUR an. Grundbesitz soll nicht vorhanden sein. Ein Pflegedienst macht offene Forderungen in nicht genannter Höhe geltend.
Eine Cousine der Erblasserin hat auf dem ihr vom Nachlassgericht zugesandten Formblatt angekreuzt, dass sie einen Erbschein benötige.
Die K.-Stiftung hat beantragt, ihr einen Alleinerbschein auf Grund testamentarischer Erbeinsetzung zu erteilen, sowie auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu verzichten. Sie kenne die Erblasserin nicht und habe daher naturgemäß keine Kenntnis über deren familiäre Verhältnisse; die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung stelle sich als reine Förmelei dar.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 4.7.2006 entschieden, dass auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch die beteiligte Stiftung im Rahmen des Erbscheinsverfahrens nicht verzichtet wird. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Stiftung ihr Anliegen weiter.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nicht der Erbscheinsantrag als solcher, sondern allein die in Beschlussform gekleidete Entscheidung des Nachlassgerichts, auf die eidesstattliche Versicherung nicht zu verzichten. Zutreffend hat das Landgericht die gegen diesen Beschluss gerichtete Erstbeschwerde als zulässig angesehen.
Eine Überprüfung dieser Entscheidung des Nachlassgerichts könnte zwar auch nach Instanz beendender Entscheidung - d.h. nach Zurückweisung des Erbscheinsantrags wegen Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung -im Rahmen des dann zulässigen Beschwerderechtszugs erfolgen (vgl. OLG Köln DNotZ 1959, 213; OLG Frankfurt FGPrax 1996, 190; OLG Schleswig FamRZ 2001, 583; OLG München FGPrax 2006, 27). Daraus folgt jedoch nicht, dass deshalb dem Antragsteller die isolierte Anfechtung bereits der vorangehenden Entscheidung des Nachlassgerichts, am Erfordernis der eidesstattlichen Versicherung festzuhalten, verwehrt wäre. Diese Entscheidung stellt eine im Rahmen des Erbscheinsverfahrens ergangene Zwischenverfügung dar, die auf ein der Erbscheinserteilung einstweilen noch entgegenstehendes, behebbares Hindernis hinweist und für den Fall, dass das Hindernis nicht behoben wird, die Ablehnung des Erbscheinsantrags ankündigt; eine solche Zwischenverfügung ist mit der Beschwerde anfechtbar (vgl. KG JFG 12, 207; KG OLGZ 1967, 247; OLG Hamm NJW-RR 1992, 1483; Jansen FGG 2. Aufl. § 19 Rn. 24; Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 9, 15b; Bassenge/Herbst/Roth FGG/RPflG 10. Aufl. § 19 FGG Rn. 7; Palandt/ Edenhofer BGB 65. Aufl. § 2356 Rn. 15; Erman/Schlüter BGB 11. Aufl. § 2356 Rn. 6; a.A. Zimmermann, Erbschein und Erbscheinsverfahren Rn. 118). Dass es sich in der Sache um eine Ermessensausübung durch das Nachlassgericht handelt (vgl. hierzu noch unten), steht -wie auch sonst bei Ermessensentscheidungen des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit erster Instanz -der Überprüfbarkeit im Beschwerdeweg ebenfalls nicht entgegen (vgl., außer den Vorgenannten, Staudinger/ Schilken BGB Bearb. 2004 § 2356 Rn. 44; MünchKomm BGB/J. Mayer 4. Aufl. § 2356 Rn. 56; Soergel/Zimmermann BGB 13. Aufl. § 2356 Rn. 14).
2.
In der Sache hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Das Gesetz sehe die eidesstattliche Versicherung als den Regelfall vor, so dass ein Verzicht auf sie nur in Ausnahmefällen in Betracht komme, wenn durch die eidesstattliche Versicherung keine weitere Sachaufklärung zu erwarten sei. Das sei hier nicht der Fall. Das Amtsgericht habe überzeugend ausgeführt, dass der Sachverhalt hier nicht so klar und einfach gelagert sei, dass sich die Erbrechtslage ohne weiteres ergäbe...