Normenkette
BGB §§ 253, 254 Abs. 1, §§ 823, 831; SGB 7 § 106 Abs. 3 Alt. 3; SGB 7 § 108 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 02.07.2013; Aktenzeichen 8 O 337/12) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des LG Traunstein vom 2.7.2013 - 8 O 337/12, wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 35 % und die Beklagte 65 %. Der Kläger trägt 35 % der Kosten der Nebenintervenienten auf Beklagtenseite. Die Beklagte hat 65 % der Kosten der Nebenintervenientin auf Klägerseite. Im Übrigen haben die Nebenintervenienten ihre Kosten selbst zu tragen.
3. Das Urteil ist für jede der Parteien vorläufig vollstreckbar. Jede der Parteien kann die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis 29.10.2013 auf 72.235 EUR (15.000 EUR + 43.484 EUR + 13.751 EUR) und ab 30.10.2013 auf 36.117,50 EUR (50 % von 72.235 EUR) festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Unfall auf dem Bauvorhaben der Beklagten.
Hinsichtlich des unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 250/252 d.A.) verwiesen.
Das LG hat durch Grund- und Teilurteil (Bl. 249 d.A.) berichtigt durch Beschluss vom 20.8.2013 (Bl. 289/293 d.A.) die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet, aus dem Montageunfall vom 28.10.2010 gegen 7.15 Uhr (Unfallort: Bauvorhaben W. straße 16,... W.) an den Kläger ein Schmerzensgeld unter Berücksichtigung einer Mitverursachungsquote von 50 % nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.1.2011 zu bezahlen (Urteil Ziff. I.). Die Beklagte wurde weiter dem Grunde nach verpflichtet, an den Kläger Schadensersatz unter Berücksichtigung einer Mitverursachungsquote von 50 % sowie entsprechende Rechtsanwaltskosten zu bezahlen, soweit derartige Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind (Ziff. II.). Zudem wurde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger unter Berücksichtigung einer Mitverursachungsquote von 50 % sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Montageunfall vom 28.10.2010 gegen 7.15 Uhr (Unfallort: Bauvorhaben W. straße 16,... W.) zu erstatten, soweit derartige Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind (Ziff. III.). Im Übrigen hat das LG die Klage abgewiesen (Ziff. IV.) und die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten (Ziffer V.).
Das LG hat wie folgt ausgeführt:
Die Beklagte habe ausdrücklich und rein bezogen auf das Verschließen der streitgegenständlichen Tür zum Technikschacht eine Verkehrssicherungspflicht übernommen. Davon sei das Gericht überzeugt aufgrund der Aussagen der Zeugen L., R. und B. Die Haftung der Beklagten sei auch nicht nach den Grundsätzen des sog. gestörten Gesamtschuldverhältnisses beschränkt. Eine Haftungsprivilegierung gem. § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII liege nicht vor, da sich der Unfall nicht auf einer gemeinsamen Betriebsstätte ereignet habe. Der Kläger müsse sich allerdings ein Mitverschulden i.H.v. 50 % anrechnen lassen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (Bl. 253/257 d.A.) verwiesen.
Gegen das Urteil haben der Kläger (Schriftsatz vom 5.8.2013 = Bl. 308/310 d.A.) und die Beklagte (Schriftsatz vom 5.8.2013 = Bl. 314/315 d.A.) Berufung eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 30.10.2013 (Bl. 387 d.A.) - eingegangen bei Gericht am selben Tag - hat der Kläger die Berufung zurückgenommen.
Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, das Erstgericht habe rechtsfehlerhaft ein Grundurteil hinsichtlich des Klageantrags Ziff. I erlassen. Ein Grundurteil hinsichtlich der vom Kläger mit Ziff. I erhobenen Teilschmerzensgeldklage setze voraus, dass diese zulässig sei. Daran fehle es. Das Erstgericht habe weiter rechtsirrig den Haftungsausschluss der Beklagten nach den Grundsätzen der sog. gestörten Gesamtschuld verneint. Eine Haftungsprivilegierung nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII zugunsten der Beklagten greife nur, wenn das versicherte Unternehmen selbst auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätig werde. Dies sei nicht der Fall gewesen. Insofern greife diese Haftungsprivilegierung zutreffend auch nicht. Allerdings kämen die Grundsätze der sog. gestörten Gesamtschuld zum Tragen, denn hinsichtlich des Zeugen B. greife die sozialrechtliche Haftungsprivilegierung. Die Tätigkeiten des Klägers und des Zeugen B. stellten sich als aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken dar. Darüber hinaus sei dem Kläger ein die Haftung der Beklagten ausschließendes Mitverschulden ...