Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 10.05.1991; Aktenzeichen 21 O 22951/90) |
Tenor
I. Das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.5.1991 wird aufgehoben.
II. Der Beklagten wird es bei Meidung von Ordnungsmitteln untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Arbeitgebern in Bayern unaufgefordert arbeitsmedizinische Betreuung dergestalt anzubieten, daß diese aufgefordert werden, Fragebögen „zur Erstellung eines kostenlosen Vergleichsangebotes” auszufüllen und ihr zuzuleiten.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,– DM nicht.
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob die Werbung der Beklagten für arbeitsmedizinische Betreuung zulässig ist.
Die Klägerin ist die berufsständische Organisation der bayerischen Ärzte.
Die Beklagte betreibt in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit, wie ihn § 19 des „Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit” (Arbeitssicherheitsgesetz) neben Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit als mögliche Einrichtung zur Wahrnehmung der Aufgaben nach §§ 3, 6 des genannten Gesetzes vorsieht. Dazu beschäftigt die Beklagte auch Ärzte (Arbeitsmediziner), die in den Betrieben, von denen sie, die Beklagte, gemäß § 19 ArbSiG verpflichtet wird, die Aufgaben eines Betriebsarztes erfüllen. Die Ärzte werden dabei in den Räumen der Vertragsfirmen der Beklagten oder in mobilen Untersuchungswagen tätig.
Die Beklagte wirbt mit Rundschreiben, mit denen sie insbesondere auch gezielt Firmen anschreibt, bei denen nach der regionalen Lage mit einem Bedarf für die Tätigkeit eines überbetrieblichen Dienstes von Betriebsärzten zu rechnen ist. Ein solches Rundschreiben vom 28.5.1990 hat sie auch an eine in M. ansässige Firma gerichtet (Anl. K 2). Sie bietet unter der Oberschrift „Betriebsärztliche Betreuung” in diesem Schreiben „die betriebsorientierte arbeitsmedizinische Betreuung” an. Abschließend heißt es in diesem Schreiben:
„Senden sie das ausgefüllte Rückantwortschreiben an uns und sie erhalten ein kostenloses Angebot mit einer näheren Beschreibung des Dienstes”.
Dem Schreiben war ein als „RÜCKANTWORTSCHREIBEN” und „Fragebogen zur Erstellung eines kostenlosen Vergleichsangebotes” bezeichnetes Formular (Anl K 3) beigefügt, in dem die angeschriebene Firma der Beklagten wesentliche betriebliche Daten mitteilen konnte, die Grundlage für die Erstellung des erwähnten Angebotes sein sollten.
Die Klägerin meint, die Beklagte verstoße mit dieser Werbung gegen § 1 UWG. Sinn der Werbung sei es, mit dem angeschriebenen Arbeitgeber ins Geschäft zu kommen und damit den frei praktizierenden Ärzten für Arbeitsmedizin, die als Betriebsärzte tätig seien, Kunden auszuspannen. Damit fördere die Beklagte fremden Wettbewerb. Den bei ihr tätigen Ärzten selbst sei gemäß § 21 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns jegliche Werbung für sich selbst und gemäß § 21 a der genannten Berufsordnung auch die Information über ihr Leistungsangebot gegenüber anderen Personen als Ärzten untersagt. Die Beklagte vermittele dadurch, daß sie arbeitsmedizinische Betreuung und damit ärztliche Tätigkeit anbiete und dafür werbe, den für sie tätigen Ärzten, für die sie werbe, ärztliche Tätigkeit.
Die Klägerin hat beantragt
der Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Arbeitgebern in Bayern unaufgefordert arbeitsmedizinische Betreuung dergestalt anzubieten, daß diese aufgefordert werden, Fragebögen „zur Erstellung eines kostenlosen Vergleichsangebotes” auszufüllen und ihr zuzuleiten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, sie werbe nicht für die bei ihr tätigen Ärzte, sondern für ihre eigenen Leistungen als Dienstleistungsunternehmen. Sie selbst und ihre Funktionsträger unterlägen nicht der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns. Da sie nicht unter namentlicher Nennung der für sie tätigen Ärzte werbe, liege auch ein Verstoß dieser Ärzte gegen die Berufsordnung nicht vor. Sie verschaffe nicht ihren Ärzten Tätigkeiten in Betrieben, sondern biete ihre eigenen Dienstleistungen an.
Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 10.5.1991 die Klage abgewiesen, weil die Beklagte dem ärztlichen Standesrecht und damit dem dortigen Werbeverbot nicht unterläge. Sie werbe für eigene Leistungen. Eine Umgehung eines Werbeverbots läge nicht vor, auch wenn die Werbung mittelbar die Tätigkeit der für sie tätigen Ärzte fördere. Diese Reflexwirkung der Eigenwerbung stelle keine unzulässige Förderung fremden Wettbewerbs dar. Die Aufforderung zum Vergleich mit den Angeboten anderer Einrichtungen oder Ärzte sei nicht zu beanstanden, da der Vergleich Grundlage jeden Wettbewerbs sei.
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, die Beklagte versuche mit dem beanstandeten Verhalten Arbeitgeber, die ihre g...