Leitsatz (amtlich)
1. Der belästigende Charakter einer Werbung i.S.d. § 7 Abs. 1 UWG kann sich auch aus einer Verletzung des Pietätsgefühls ergeben.
2. Wird ein Lkw auf einem Friedhofsgelände abgestellt, so ist die Belästigung durch eine darauf angebrachte Werbeaufschrift jedenfalls solange regelmäßig nicht unzumutbar i.S.d. § 7 Abs. 1 UWG, als das Abstellen des Lkw der Durchführung dort anfallender Arbeiten dient und nicht in unmittelbarer Nähe einer mit den Arbeiten nicht in Zusammenhang stehenden frischen Grabstelle stattfindet.
Normenkette
UWG § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 14.08.2007; Aktenzeichen 23 O 2009/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin werden das Urteil des LG Landshut vom 14.8.2007 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
I. Die Parteien sind als Bestattungsunternehmen Mitbewerber.
Die Antragsgegnerin führte auf einem Friedhof Restaurierungsarbeiten an Gräbern durch. Dazu mussten ihre Mitarbeiter Gerätschaften und Kleinbagger aus einem ihr gehörenden Lkw ein- und ausladen; Grabaushub und Sargteile sowie sterbliche Überreste der dort Bestatteten wurden kurzzeitig in dem Lkw verwahrt. Der mit dem Firmenschlagwort der Antragsgegnerin beschriftete Lkw war in der Weise auf dem Friedhof abgestellt, die sich aus der im nachfolgenden Antrag wiedergegebenen Fotografie ergibt.
Die Antragstellerin hat diesen Einsatz des Lkw als unlauter angesehen und beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, auf Friedhöfen Werbung zu betreiben, insbesondere durch das Abstellen von Fahrzeugen auf dem Friedhofsgelände, ausgenommen zum kurzfristigen Be- und Entladen, wenn die Fahrzeuge in großen Lettern mit der Unternehmensbezeichnung beschriftet sind, insbesondere gemäß nachfolgender Abbildung:
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Antrag fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil er ausdrücklich das Be- und Entladen ausnehme, ihr Lkw aber bei dem von der Antragstellerin angegriffenen Vorfall offensichtlich be- oder entladen worden sei. Im Übrigen sei der Einsatz des Lkw nicht unlauter gewesen.
Mit Urteil vom 14.8.2007, auf dessen tatsächlichen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag, der kurzfristiges Be- und Entladen ausnehme, sei gegeben, weil die Antragstellerin glaubhaft gemacht habe, dass der Lkw mindestens zwanzig Minuten abgestellt gewesen sei, ohne be- oder entladen worden zu sein. Der Antragstellerin stehe ein Unterlassungsanspruch gem. § 3, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 UWG zu, weil der Lkw zwischen den Gräbern wie eine große Plakatwand wirke und insgesamt einen mehr als aufdringlichen Charakter habe; die angegriffene Verwendung stelle deshalb eine unzumutbare Belästigung i.S.d. § 7 Abs. 1 UWG dar.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug und beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 17.1.2008 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet.
1. Für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb, weil die Antragstellerin einen eigenen Unterlassungsanspruch geltend macht, der ihr als Mitbewerberin der Antragsgegnerin zustehen soll. Ob das angegriffene Verhalten der Antragsgegnerin geeignet ist, einen solchen Anspruch zu begründen, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrags.
Ob der Antrag auch insoweit hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist, als er in seinem Insbesondere-Teil nicht eindeutige Begriffe wie "kurzzeitig" und "in großen Lettern" verwendet, kann dahin stehen, da der Antragstellerin selbst bei einer Klarstellung der möglicherweise unbestimmten Begriffe kein ihrem Begehren entsprechender materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch zustünde (vgl. BGH GRUR 2003, 958 (960) - Paperboy m.w.N.).
2. Das angegriffene Verhalten der Antragsgegnerin begründet keinen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3, § 7 Abs. 1 UWG.
a) Der Antragsgegnerin soll nach dem ersten Teil des Antrags jede Werbung auf Friedhöfen untersagt werden. Insoweit ist der Antrag schon unbegründet, weil er von der konkreten Verletzungsform zu sehr abstrahiert und deshalb zu weit geht.
Zwar ist anerkannt, dass bei einem wettbewerbsrechtlich...