Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz. Berufungshaftung Notare

 

Leitsatz (redaktionell)

Schadensersatzpflicht des Notars bei unterlassenem Hinweis auf die sich aus dem HeimG ergebenden Beschränkungen bei der Testamentsgestaltung.

 

Normenkette

BNotO § 19

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 14.06.1994; Aktenzeichen 3 O 12799/93)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 14. Juni 1994 werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Wert der Beschwer wird für beide Parteien auf 56.740,80 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt Schadensersatz wegen Fehlschlagens einer Erbeinsetzung durch letztwillige Verfügung, an deren Errichtung ein Vertreter des Beklagten als Notar beteiligt war. Hierbei wurde die Erblasserin nicht über besondere Erfordernisse entsprechend § 14 HeimG. belehrt.

Mit der Klage wird Ausgleich für den entgangenen Wert des Nachlasses und angefallener Prozeßkosten (113.481,61 DM) sowie Feststellung der Pflicht zum Ausgleich sonstiger, bei Erlangung einer Erbenstellung nicht eingetretener Nachteile gefordert.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 14. Juni 1994 der Klage nur zur Hälfte stattgegeben, da den Kläger ein erhebliches Mitverschulden treffe.

Gegen dieses Urteil (Bl. 76/89 d.A.), auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er Klageabweisung erreichen will. Gegenüber dem Heimleiter habe keine Belehrungspflicht bestanden, ebenso nicht gegenüber der Erblasserin.

Im übrigen wäre der Schaden auch bei Belehrung eingetreten, sofern die Heimleitung nicht die erforderliche Genehmigung erholt hätte.

Im einzelnen wird insoweit auf die Berufungsbegründung in dem Schriftsatz vom 17. Oktober 1994 verwiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Notar müsse dafür sorgen, daß vor ihm errichtete Testamente wirksam und vollziehbar seien. Zu Unrecht habe allerdings das Landgericht ein Mitverschulden angenommen. Nach dem Schutzzweck der Norm könne dies hier nicht in Betracht kommen.

Näheres findet sich im Schriftsatz vom 26. Oktober 1994. Der Kläger hat deshalb Anschlußberufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren voll weiterverfolgt.

Der Beklagte hat Abweisung der Anschlußberufung beantragt, da ein Mitverschulden vom Landgericht zu Recht angenommen worden sei (vgl. Schriftsatz vom 5. Dezember 1994).

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.

1) Zutreffend hat das Landgericht einen Verstoß gegen die Amtspflichten des Beklagten, der diesen zu Schadensersatz gemäß § 19 Abs. 1 BNotO verpflichtet, angenommen.

  1. Der Vertreter des Beklagten war gemäß § 17 Abs. 2 BeurkG verpflichtet, die Erblasserin über hier gegebene Bedenken gegen die Wirksamkeit ihres Testaments im Hinblick auf § 14 HeimG hinzuweisen und sie ferner gemäß § 18 BeurkG über die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung zu unterrichten.
  2. Diese Rechtspflicht bestand auch gegenüber dem Kläger als Dritten. Dies ergibt sich aus seiner Rechtsstellung als durch die letztwillige Verfügung unmittelbar begünstigte Person. Daher haftet der Beklagte für Säumnisse seines Vertreters gegenüber der Erblasserin auch dem Kläger auf Schadensersatz (vgl. BGHZ 31,5 und Palandt § 839 Rn 50).
  3. Die unterlassene Belehrung und Aufklärung der Erblasserin über das von § 14 HeimG geforderte, Vorgehen (Zuwendung ausschließlich für gemeinnützige Zwecke und Möglichkeit dann eine Ausnahmegenehmigung zu erlangen) war auch kausal für den eingetretenen Vermögens Schadens des Klägers. Bei entsprechender Belehrung hätte nach Überzeugung des Senats die Erblasserin ohne Zweifel ihre Erklärung entsprechend abgefaßt. Sie hätte ferner dem Heimleiter, der bei der Beurkundung anwesend war, auch gebeten und veranlaßt, die entsprechende Genehmigung einzuholen. Daß dieser dem nicht nachgekommen wäre, ist nicht anzunehmen. Da die Nichtursächlichkeit eines Aufklärungsmangels nach der Rechtsprechung der Aufklärungspflichtige zu beweisen hat (vgl. Seybold-Hornig BNotO Rn 106 zu § 19), wäre es Sache des Beklagten gewesen, entsprechenden Vortrag unter Beweis zu stellen, was trotz Hinweises im Termin nicht erfolgt ist.

2) Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht ferner der Auffassung, daß sich der Kläger ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen muß, weil der Heimleiter bei der Beurkundung zugegen war und nicht auf eine Beachtung des § 14 HeimG hinwirkte, wobei es sicher genügt hätte, gegenüber dem Notar ganz pauschal Bedenken im Hinblick auf § 14 HeimG vorzubringen, ohne auf die Rechtslage näher einzugehen. Deren Überprüfung im einzelnen hätte dann dem Notar oblegen und wäre nach Überzeugung des Senats dann auch hinreichend durchgeführt worden.

Der Schutzzweck der Norm steht der Berücksichtigung des Mitverschuldens hi...

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