Entscheidungsstichwort (Thema)

Treuwidrige Berufung auf Nichtvorliegen der vormundschaftgerichtlichen Genehmigung eines Vertrags

 

Leitsatz (amtlich)

Ist für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich und hängt der Bestand des Rechtsgeschäfts von dieser ab, so ist die Berufung des Bereicherungsgläubigers auf den fehlenden Rechtsgrund dieses Geschäfts treuwidrig, solange er deren Erlangung nicht betreibt, obgleich er hierzu verpflichtet ist.

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 17.03.2004; Aktenzeichen 10 O 3158/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG München II vom 17.3.2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz bzw. Bereicherungsausgleich im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker in Anspruch.

Die am 28.5.2001 verstorbene Frau G.U. (Erblasserin) setzte in ihrem notariellen Testament vom 9.3.1993 (Anlage K 1) die Klägerin zur Alleinerbin ein, berief sie jedoch nur als nicht befreite Vorerbin. Zum Nacherben wurde der Beklagte berufen. Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung angeordnet und den Beklagten unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zum Testamentsvollstrecker ernannt.

In dem notariellen Testament findet sich auf S. 10 folgende Regelung:

"Da die Belastung der Substanz des Hauses durch die vorstehend getroffenen Anordnungen dazu führen kann, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt keine weiteren Beleihungen durch Kreditinstitute mehr vorgenommen werden und eine Veräußerung des Anwesens erforderlich ist, um die bereits aufgelaufenen Verbindlichkeiten samt Zinsen abzudecken, bestimme ich Folgendes: 'In diesem Falle soll mein Sohn H.-P.U. von dem Nettoverkaufserlös vermächtnisweise die Hälfte erhalten ...' ".

Auf Antrag des Beklagten wurde für die Klägerin mit Beschluss des AG Fürstenfeldbruck vom 13.9.2001 Herr Rechtsanwalt H. zum gesetzlichen Betreuer bestellt.

Mit Rechtsanwalt H. kam der Beklagte überein, das mit notariellem Testament im Wesentlichen vererbte Hausgrundstück der Erblasserin zu verkaufen, den erzielten Kaufpreis zum Erwerb eines neuen Anwesens für den Beklagten zu verwenden und die Klägerin im Hinblick auf die testamentarischen Regelungen durch eine Leibrente (Höhe: 1.700 DM) sowie durch eine Einmalzahlung in eine Rentenversicherung i.H.v. 300.000 DM abzusichern. Die Leibrente sollte durch Eintragung im Grundbuch auf dem neuen Anwesen des Beklagten gesichert werden.

Am 29.10.2001 veräußerte der Beklagte das Hausgrundstück der Erblasserin zu einem Verkaufspreis von 1.145.000 DM und verwendete einen Teil des erzielten Kaufpreises für den Erwerb seines Hausgrundstücks in H. Im Schreiben vom 22.10.2001 (Anlage BB 3) wurde die einvernehmliche Regelung von Rechtsanwalt H. bestätigt. Am 26.11.2001 (Anlage B 1) bestätigte Rechtsanwalt H. unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 17.10.2001 (Anlage BB 2) die zwischen ihm und dem Beklagten getroffene Vereinbarung nochmals. Diese wurde im Wesentlichen mit Ausnahme der grundbuchrechtlichen Absicherung der Leibrente durchgeführt. Eine Genehmigung des VormG zu dieser Vereinbarung wurde weder beantragt noch liegt sie vor.

Mit Beschluss des AG Fürstenfeldbruck vom 12.3.2002 wurde Rechtsanwalt H. als Betreuer der Klägerin entlassen und Rechtsanwalt K. als Betreuer bestellt.

Mit Beschluss des AG Starnberg vom 15.6.2004 wurde Rechtsanwältin He. zur Testamentsvollstreckerin der am 28.5.2001 verstorbenen G.U. ernannt.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei zur Rückzahlung eines wesentlichen Teils des Verkaufserlöses verpflichtet, da das VormG Fürstenfeldbruck die Vereinbarung mit Rechtsanwalt H. nicht genehmigt habe und diese auch nicht genehmigungsfähig sei. Der Beklagte habe sich auf Kosten der Klägerin bereichert und sich schadensersatzpflichtig gemacht.

Die Klägerin beantragte: Der Beklagte wird verurteilt, an den Nachlass nach Frau G.U., verstorben am 28.5.2001 in S., vertreten durch den Beklagten als Testamentsvollstrecker, 313.558,04 Euro nebst Zinsen i.H.v. 2.724,02 Euro für die Zeit vom 1.10.2002 bis zum 21.5.2003 sowie weitere 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 1 Diskontüberleitungsgesetz aus dem Hauptsachebetrag seit dem 22.5.2003 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragte: Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die zwischen dem ehemaligen Betreuer der Klägerin und ihm getroffene Vereinbarung sei wirksam. Der Betreuerwechsel auf Seiten der Klägerin dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Ohne Veräußerung seines neuen Anwesens wäre er nicht in der Lage, den mit ...

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