Normenkette
BGB §§ 133, 157, 311, 633, 634 Nr. 2
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 27.03.2020; Aktenzeichen 5 O 1915/11 Bau) |
Nachgehend
Gründe
I. Urteil des Landgerichts
Das Landgericht verurteilte die Beklagte zu 1) u.a. zur Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 65.000 Euro zur Beseitigung diverser Mängel des aufgrund des Werkvertrags vom 20.11.2002 errichteten Dachs des klägerischen Anwesens in G.
Im Hinblick auf unterschiedliche Mängel hätten der Kläger und die Beklagte zu 1) insgesamt drei außergerichtliche Vergleiche (Januar 2006, Juli 2006 und November 2009) geschlossen, in denen sich die Beklagte zu 1) zunächst zur Mangelbeseitigung (Vergleich 1) verpflichtet habe, sodann eine Ersatzvornahme auf Basis eines Schiedsgutachtens (Vergleich 2) vereinbart worden sei und zuletzt die Beklagte zu 1) erneut die Möglichkeit erhalten habe, auf Basis des zuvor erholten Schiedsgutachtens die Mangelbeseitigung durchzuführen (Vergleich 3).
Das Landgericht kam sachverständig beraten zu dem Ergebnis, dass die Mangelbeseitigungsarbeiten auf Basis des letzten Vergleichs vielfach nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und verurteilte die Beklagte zu 1) auf Grundlage des gerichtlichen Gutachtens u. a. zur Zahlung des erforderlichen Vorschusses. Die Klage wurde hingegen abgewiesen, soweit Vorschüsse für weitere Sanierungskosten von etwa 30.000 Euro gefordert wurden, da insoweit das Gutachten die Behauptungen des Klägers nicht bestätigt habe.
Die Klage in Richtung der Beklagten zu 2) wurde vollständig abgewiesen. Zwar sei die Beklagte zu 2) auf Grundlage des dritten Vergleichs mit der Kontrolle der durchgeführten Arbeiten beauftragt worden; aufgrund einer möglicherweise mangelnden Kontrolltätigkeit sei dem Kläger aber kein Schaden entstanden.
II. Berufung des Klägers
Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlichen Ziele weiter.
Das Gericht habe die gerichtliche Sachverständige vielfach missverstanden, weshalb in deutlich höherem Umfang ein Anspruch auf Kostenvorschuss bestünde.
Die Beklagte zu 2) hafte, weil sie die Beseitigungsarbeiten nicht ausreichend begleitet habe.
III. Berufung der Beklagten zu 1)
Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass Kostenvorschüsse insgesamt nicht zum Tragen kämen, da der Kläger bereits nicht die Absicht hab, das Dach tatsächlich reparieren zu lassen. Zudem seien die Arbeiten nicht so mangelhaft, wie die Sachverständige festgestellt habe.
IV. Gegenwärtige Einschätzung des Senats
Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB.
IV. Zwischen den Parteien wurde durch Novation in Form des (dritten) Vergleichs im November 2009 der im November 2002 geschlossene Werkvertrag umgestaltet und ersetzt.
IV. Die für die Sekundärrechte grundsätzlich erforderliche Abnahme ist entbehrlich, da zwischenzeitlich ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist; der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Erstgerichts zu Eigen.
IV. Eine Absicht, die Mängel beseitigen zu lassen, ist ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts für den Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses nicht konstitutiv.
Der Senat folgt der Rüge der Beklagten zu 1) insgesamt nicht, die meint, eine solche weitere Voraussetzung sei der Grundsatzentscheidung des BGH zur Geltendmachung fiktiver Kosten zu entnehmen.
IV) Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung zur Geltendmachung fiktiver Mängelbeseitigungskosten allein darauf abgestellt, dass der Besteller im Hinblick auf seine unterschiedlichen Sekundärrechte von einer Mangelbeseitigung Abstand nehmen kann und stattdessen Ersatz seines Schadens fordern kann, für dessen Berechnung allerdings werkvertragliche Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Zum Teil ergebe sich aus den schadensrechtlichen Bestimmungen ein Vorschussanspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 ff. BGB i.V.m. den schadensrechtlichen Bestimmungen der §§ 249 BGB.
Hieraus lässt sich aber nicht entnehmen, dass nunmehr der Besteller bei dem werkvertraglichen Vorschussanspruch des §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB auf Mängelbeseitigung positiv seine Reparaturabsicht belegen müsste und eher fernliegend ist. Die Beklagte zu 1) verkennt, dass der Anspruch auf Vorschuss ein vorläufiger Anspruch ist, der nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten auf Zahlung der tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten übergeht und über den entsprechend abzurechnen ist. Verzichtet der Besteller auf eine Mangelbeseitigung und geht dieser beispielsweise auf das weitere Sekundärrecht des Schadensersatzes über, kann der Unternehmer unproblematisch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB den Unterschied zwischen Vorschuss und Schaden zurückfordern und ist damit ausreichend gesichert.
Gegenteiliges lässt sich mit den grundsätzlichen Wertungsentscheidungen des Gesetzgebers nicht in Einklang bringen: Der Besteller erhält nach § 637 Abs. 3 BGB das Recht, vor Durchführung der Maßnahmen einen Vorschuss zu fordern. Der Gesetzgeber hat insoweit b...