Leitsatz (amtlich)
Die Mitwirkung am Zustandekommen des im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossenen Vergleichs lässt für den Beschwerdeführer keine Gebühr nach Nr. 3104 Anlage 1 zum RVG entstehen.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 13.04.2005; Aktenzeichen 3 O 456/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Rechtsanwaltes W. gegen den Beschluss des LG Halle vom 13.4.2005 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 331,30 EUR.
Gründe
Dem Kläger ist im vorliegenden Rechtsstreit unter Beiordnung des Beschwerdeführers Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die Parteien haben den Rechtsstreit durch Abschluss eines Vergleichs beendet, dessen Zustandekommen das LG Halle im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt hat. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 5.4.2005 beantragt, seine Vergütung gegen die Landeskasse auf 989,48 EUR festzusetzen. Demgegenüber hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des LG die Vergütung am 13.4.2005 auf 658,18 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, eine Terminsgebühr sowie die hierauf entfallende Mehrwertsteuer seien abgesetzt worden, weil ohne mündliche Verhandlung auch keine Terminsgebühr anfalle. Hiergegen hat der Beschwerdeführer durch Schriftsatz vom 18.4.2005, beim LG Halle eingegangen am 20.4.2005, "den zulässigen Rechtsbehelf" eingelegt und sich darauf berufen, dass nach der Kommentierung bei Gerold/Schmidt/Müller/Ranke, RVG-VV, Rz. 58 zu Nr. 3104 auch in einer solchen Konstellation eine Terminsgebühr anfalle.
Die Bezirksrevisorin beim LG Halle hat am 10.5.2005 Stellung genommen und sich der Auffassung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des LG Halle angeschlossen. Diese hat der Beschwerde durch Beschl. v. 11.7.2005 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Der Rechtsbehelf ist als Beschwerde auszulegen; diese ist gem. § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft, denn die Beschwer übersteigt 200 EUR. Sie ist auch innerhalb der Frist aus § 33 Abs. 3 RVG eingelegt.
Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Mitwirkung am Zustandekommen des im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossenen Vergleichs lässt für den Beschwerdeführer keine Gebühr nach Nr. 3104 Anlage 1 zum RVG-Vv entstehen. Nach Nr. 3104 Anlage 1 zum RVG entsteht eine Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gem. § 307 Abs. 2 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Ob auch ein im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellter Vergleich eine solche Gebühr auslöst, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Entgegen der vom Beschwerdeführer angeführten, auf den Wortlaut der Bestimmung gestützten Literaturmeinung hat der BGH (BGH, Beschl. v. 30.6.2004 - VI ZB 81/03, BGHReport 2004, 1131 = BGHReport 2004, 524 = MDR 2004, 965 = juris) in einer noch zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des RVG ergangenen Entscheidung die Auffassung vertreten, eine solche Terminsgebühr falle weder nach alter Rechtslage gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO noch nach neuer Rechtslage aus Nr. 3104 der Anlage 1 zum RVG an. Der Wortlaut der Bestimmung lege vielmehr nahe, dass in der ersten Alternative jener Vorschrift das Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, nicht aber das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO gemeint sei. Dieser Auffassung hat sich nachfolgend das OLG Nürnberg (OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.12.2004 - 3 W 4006/04, OLGReport Nürnberg 2005, 179) mit der weiteren Begründung angeschlossen, die Ausdehnung von Nr. 3401 der Anlage 1 zum RVG auch auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO widerspreche dem Kosteninteresse der Parteien. Zudem sei der Arbeits- und Zeitaufwand bei einem Gerichtstermin für den Anwalt höher als bei einem Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO. Auch der Senat folgt dieser Auffassung. Weder gebietet der Wortlaut der Bestimmung in Nr. 3104 der Anlage 1 zum RVG-VV die Ausdehnung des Anwendungsbereichs über das Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO hinaus auch auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO, wo zwar das Zustandekommen des Vergleichs eine Einigung der Parteien voraussetzt, nicht aber die Entscheidung im schriftlichen Verfahren vom Einverständnis der Parteien abhängt. Noch ist nach Sinn und Zweck - insb. im Hinblick auf den durchschnittlichen Arbeitsanfall - eine Gleichstellung der Mitwirkung im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO mit der Mitwirkung in den weiteren in Nr. 3104 der Anlage 1 zum RVG-Vv aufgeführten Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, § 307 Abs. 2 oder § 495a ZPO geboten, bei welchen die mündliche Verhandlung aus anderen Gründen entfällt.
Die Entscheidung ergeht gem. § 56 Abs. 2 S. 2 RVG gerichtskostenfrei; Kosten werden nicht erstattet. Der Beschwerdewert ergibt sich aus der Differenz zwischen beantragten und festgesetzten Vergütungsansprüchen des Beschwerdeführers.
Fundstellen
Haufe-Index 1454657 |
NJW 2006, 19... |