Leitsatz (amtlich)
Beauftragt eine im Ausland geschäftsansässige Partei einen Prozessbevollmächtigten in Deutschland, der nicht am Gerichtsort ansässig ist, so sind die - statt der nicht erstattungsfähigen Kosten für einen Unterbevollmächtigten - fiktiven Reisekosten für die Geschäftsreise des Hauptbevollmächtigten von seinem Kanzleisitz zum Gericht (und zurück) anzusetzen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 04.07.2012; Aktenzeichen 7 O 1476/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Magdeburg vom 4.7.2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die aufgrund des Urteils des LG Magdeburg vom 2.5.2012 vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden festgesetzt i.H.v. 4.267,90 EUR nebst Zinsen hierauf i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.5.2012. Im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 358 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Ansprüche wegen der Verletzung von Markenrechten geltend gemacht. Mit seinem am 2.5.2012 verkündeten Urteil hat das LG Magdeburg der Klage stattgegeben, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und (mit im Urteilsausspruch enthaltenen Beschluss) den Streitwert auf 100.000 EUR festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 11.5.2012, beim LG eingegangen am 16.5.2012, hat die Klägerin die Festsetzung ihrer Kosten i.H.v. 4.793 EUR beantragt.
Mit ihrem Beschluss vom 4.7.2012 hat die Rechtspflegerin des LG Magdeburg die vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten i.H.v. 4.610,90 EUR nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 16.5.2012 festgesetzt. Dabei hat sie statt der Kosten für einen Unterbevollmächtigten zur Terminswahrnehmung die Terminskosten des auswärtigen Hauptbevollmächtigten in Ansatz gebracht. Da grundsätzlich auch die Kosten eines Anwalts am Geschäftssitz der Klägerin erstattungsfähig gewesen seien, hat sie dessen (doppelt fiktive) Terminskosten berechnet.
Gegen diesen, ihm am 13.8.2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 27.8.2012. Er meint, dass die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht erstattungsfähig seien. Entgegen der Ansicht des LG seien auch fiktive Fahrtkosten zwischen G., dem Sitz der Klägerin, und Mg., dem Gerichtsort, und zurück nicht anzusetzen, sondern allenfalls Fahrtkosten für die Strecke zwischen M., dem Sitz der deutschen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, und Mg. sowie Abwesenheitsgeld für einen Tag, welche der Beklagte insgesamt mit 360 EUR berechnet hat. Höhere Abwesenheitsgelder, Übernachtungskosten und eine weitere Pauschale seien zu Unrecht berücksichtigt worden.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.
B. Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, es ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und die erforderliche Mindestbeschwer ist überschritten. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Das LG ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Kosten eines Unterbevollmächtigten zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins in Mg. nicht erstattungsfähig sind, weil dessen Hinzuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen ist und eine kostengünstigere Alternative für die Klägerin bestanden hätte. Insoweit hat das LG - noch zutreffend - auf die geringeren fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten abgestellt.
Das LG hat jedoch zu Unrecht eine doppelt fiktive Betrachtung angestellt, nämlich in Ansatz gebracht, wie hoch die fiktiven Reisekosten maximal hätten ausfallen können, um noch erstattungsfähig zu sein. Diese Betrachtung verkennt die tatsächliche Situation. Nach Beauftragung der Prozessbevollmächtigten in M. war die Entscheidung zu treffen, ob diese selbst den Termin in Mg. wahrnehmen oder einen Unterbevollmächtigten vor Ort auswählen und mit der Terminsvertretung beauftragen. Daher ist der fiktiven Reisekostenberechnung auch diese Situation zugrunde zu legen, hier also die - kostengünstigere - Alternative der Terminswahrnehmung durch die Hauptprozessbevollmächtigten mit Sitz in M.. Der Senat hat - im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen des Beklagten - einen geringfügig höheren Betrag für die Fahrtkosten ermittelt.
Die zu erstattenden Kosten berechnen sich danach wie folgt.
1,3 Verfahrensgebühr, §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 RVG-VV |
1.760,20 EUR |
Anrechnung von 0,65, Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV abzgl. |
880,10 EUR |
Restbetrag |
880,10 EUR |
1,2 Terminsgebühr, §§ 2, 13 RVG, Nr. 3104 RVG-VV |
1.624,80 EUR |
Pauschale f. Post u. Telekommunikation, Nr. 702 RVG-VV |
20 EUR |
Fahrtkosten für eine Geschäftsreise von M. nach Mg. (ca. 525 km) und zurück mit eigenem Pkw 2 × 525 km × 0,30 EUR nach Nr. 7003 RVG-VV |
315 EUR |
Tage- und Abwesenheitsgeld für einen Tag von mehr als 8 Stund... |