Leitsatz (amtlich)

1. Eine Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Anordnung im Nachlassverfahren ist statthaft.

2. Die Vorschrift des § 2361 BGB ist nicht erweiternd auf die Einziehung des Protokolls über die Testamentseröffnung anwendbar.

 

Verfahrensgang

AG Halle (Saale) (Beschluss vom 19.01.2012; Aktenzeichen 40 VI 128/12-W)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des AG - Nachlassgericht - Halle vom 19.1.2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller.

III. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragsteller sind die Nichten der am 19.11.2011 verstorbenen - kinderlosen - Erblasserin.

In der Zeit vom 03.03. bis zum 25.4.2006 befand sich die Erblasserin in stationärer Behandlung, bei der eine bei der Erblasserin vorliegende senile Demenz diagnostiziert wurde. Während einer weiteren stationären Behandlung erteilte die Erblasserin den Antragsgegnern am 12.2.2007 eine privatschriftliche Vorsorgevollmacht. Im Laufe eines auf Anregung der Antragstellerin zu 1. durchgeführten Betreuungsverfahrens erteilte die Erblasserin den Antragsgegnern und A. L. am 6.7.2009 eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht. Angesichts dieser Vollmachten lehnte das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 14.4.2010 die Einrichtung einer Betreuung ab. Mit Beschluss vom 5.5.2011 hob das LG Halle auf die Beschwerde der Antragstellerin zu 1. diese Entscheidung auf und verwies das Verfahren an das Vormundschaftsgericht mit der Begründung zurück, dass die erteilten Vollmachten der Notwendigkeit einer Betreuung nicht entgegen stünden, da sie angesichts der gutachterlichen Feststellungen des Direktors der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der ... Universität, Prof. Dr. med. M., und des Oberarztes der Klinik, Privatdozent Dr. med. P., in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit i.S.d. § 104 Nr. 2 BGB erteilt worden seien. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Erblasserin hat das OLG Naumburg - 8. Zivilsenat - mit Beschluss vom 24.6.2011 zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 14.10.2011 hat das AG - Betreuungsgericht - Halle die Antragsgegnerin zu 1., A. L. und Rechtsanwältin H. hinsichtlich einzelner Aufgabenbereiche zu Betreuerinnen der Erblasserin bestellt.

Am 15.12.2011 hat die Antragstellerin zu 1. beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die Antragsteller zu 1. und 2. als Erben zu je ½ ausweist (Beiakte 40 VI 111/12 W). Über diesen Antrag ist bisher nicht entschieden worden.

Mit notariellem Testament vom 20.3.2008 (UR-Nr. 375/2008 des Notars U. Lh.) hatte die Erblasserin die Antragsgegner zu ihren Erben zu gleichen Teilen eingesetzt. Am 13.1.2012 hat der Rechtspfleger des AG - Nachlassgericht - Halle das Testament eröffnet und am selben Tage den Antragsgegnern je eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung und des Eröffnungsprotokolls mit Wertermittlungsbogen ausgehändigt. Mit schriftlicher Erklärung vom selben Tage (13.1.2012) haben die Antragsgegner gegenüber dem Nachlassgericht die Annahme der Erbschaft erklärt (Bl. 11/12/48 - 51 der Beiakte 40 IV 404/08 W).

Die Antragsteller haben beantragt,

1. die von dem AG Halle - Nachlassgericht - am 13.1.2012, Akz.: 40 IV 404/08 - T, ausgefertigte und den Antragsgegnern ausgehändigte beglaubigte Abschrift des Protokolls über die Eröffnung der letztwilligen Verfügung der E. W., geb. am 17.7.1923, zuletzt wohnhaft G., und der darin bezeichneten letztwilligen Verfügung vom 20.3.2008 einzuziehen;

2. den Antragsgegnern einzeln und/oder zusammen zu verbieten, weiter gehend im Rechtsverkehr zum Zwecke der Legitimation die beglaubigte Abschrift des Protokolls über die Eröffnung der letztwilligen Verfügung vom 13.1.2012 der E. W., geb. am 17.7.1923, zuletzt wohnhaft G., und der darin bezeichneten letztwilligen Verfügung vom 20.3.2008 zu verwenden und/oder unter Vorlage dieser über Nachlassgegenstände zu verfügen.

Mit Beschluss vom 19.1.2012 hat das AG - Nachlassgericht - Halle die Anträge zurückgewiesen. Am 1.2.2012 haben die Antragsteller gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt, mit der sie den vorgenannten Antrag zu 1. weiter verfolgen. Mit Beschluss vom 2.2.2012 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

B.I. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da die in § 57 FamFG geregelte Unanfechtbarkeit von Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung nur für Familiensachen gilt.

II. Die Beschwerde, mit der lediglich die Zurückweisung des Antrags zu 1. durch das Nachlassgericht angefochten wird, hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung i.S.d. §§ 49 ff. FamFG steht eine fehlende Prozessvollmacht nicht entgegen. Zwar führt das Nachlassgericht zutreffend aus, dass die Antragsteller Rechtsanwalt R. G. ...

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