Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für die zwangsweise Durchsetzung einer gerichtlichen Mitwirkungsanordnung ist, dass der Verpflichtete gem. § 35 Abs. 2 FamFG zuvor auf die Folgen der Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Anordnung hingewiesen wurde. Dieser Hinweis ist grundsätzlich in der gerichtlichen Anordnung zu erteilen. Der in der Mitwirkungsanordnung fehlende Hinweis kann aber vergleichbar der Rechtslage bei § 89 Abs. 2 FamFG nachgeholt werden.
Verfahrensgang
AG Merseburg (Beschluss vom 11.07.2014; Aktenzeichen 2 F 11/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht- Merseburg vom 11.7.2014, Aktenzeichen 2 F 11/12 VA, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Ehe der Beteiligte wurde durch Urteil des AG - Familiengericht - Merseburg vom 12.10.2006, Aktenzeichen 2 F 102/03, geschieden. Gleichzeitig wurde die Folgesache Versorgungsausgleich abgetrennt. Mit Verfügung vom 17.1.2012 wurde der Versorgungsausgleich gem. § 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG von Amts wegen wieder aufgenommen.
Der Antragsgegner verweigert die gegenüber dem Versorgungsträger erforderlichen Auskünfte. Daraufhin hat ihm das AG, nachdem bereits durch Beschluss vom 5.7.2012 ein Zwangsgeld ergebnislos gegen ihn festgesetzt worden war, durch Beschluss vom 10.3.2014 die Vorlage der fehlenden Nachweise zur Kontenklärung (Schulabgangszeugnis der 10. Klasse, Facharbeiterbrief und Bestätigung über seine Arbeitstätigkeit von Juni 1989 bis März 1991) aufgegeben, wofür ihm eine Frist von 1 Woche gesetzt wurde. Mit dem an ihn gerichteten Schreiben des Familiengerichts vom 19.6.2014 - gefertigt am 20.6.2014 - wurde ihm Gelegenheit zur Nachreichung der Unterlagen gewährt. Zugleich wurde er auf die Folgen der Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Mitwirkungsanordnung vom 10.3.2014 hingewiesen.
Da der Antragsgegner die von ihm geforderten Unterlagen nicht einreichte, ordnete das Familiengericht durch Beschluss vom 11.7.2014 gegen den Antragsgegner Zwangshaft für die Dauer einer Woche an.
Diesen Haftbefehl greift der Antragsgegner mit seinem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde an.
II. Die nach §§ 35 Abs. 5 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Das Familiengericht hat zutreffend Zwangshaft gegen den Antragsgegner nach § 35 Abs. 1 FamFG angeordnet, da er es trotz gerichtlicher Mitwirkungsordnung gem. § 220 Abs. 3 FamFG vom 10.3.2014 unterließ, die fehlenden Nachweise zur Kontenklärung (Schulabgangszeugnis der 10. Klasse, Facharbeiterbrief, Bestätigung über seine Arbeitstätigkeit von Juni 1989 bis März 1991) einzureichen.
Voraussetzung für die zwangsweise Durchsetzung einer gerichtlichen Mitwirkungsanordnung ist, dass der Verpflichtete gem. § 35 Abs. 2 zuvor auf die Folgen der Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Anordnung hingewiesen wurde. Dieser Hinweis ist in der gerichtlichen Anordnung zu erteilen (MünchKomm/Ulrici, FamFG, § 220 Rz. 71).
In der Literatur ist umstritten, ob dieser Hinweis nachgeholt werden kann, wenn dieser - wie vorliegend - in der gerichtlichen Mitwirkungsanordnung nicht erteilt wird. Während teilweise die Ansicht vertreten wird, dass ein nachträglicher Hinweis nicht mehr in Betracht komme (so Bassenge/Roth, FamFG, 12. Aufl., § 35 Rz. 14; Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., Rz. 9), ist nach anderer Meinung die nachträgliche Hinweiserteilung zulässig (so Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl., § 35 Rz. 13). Der zuletzt genannten Auffassung schließt sich der Senat unter Hinweis auf die vergleichbare Rechtslage bei § 89 Abs. 2 FamFG, wonach der Hinweis über die Folgen der Zuwiderhandlung ebenfalls in der gerichtlichen Entscheidung zu erteilen ist, an. Nach überwiegender Rechtsprechung zu § 89 Abs. 2 FamFG kann ein fehlender Hinweis nachgeholt werden (so BGH FamRZ 2011, 1729). Zudem erfüllt auch ein nachgeholter Hinweis seine von § 35 Abs. 2 FamFG bezweckte Warnfunktion, sofern er mit - wie hier - rechtzeitig vor Anordnung des Zwangsmittels erteilt wird.
Diese Auslegung ist auch aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt, weil andernfalls eine erneute gerichtliche Anordnung mit Hinweis notwendig wäre, was zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würde.
Mit der eingelegten sofortigen Beschwerde erklärt der Antragsgegner nicht plausibel, aus welchem Grund ihm die Übersendung von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland der für die Kontenklärung benötigten Unterlagen nicht möglich sein soll, obwohl er in der gerichtlichen Anhörung vom 10.3.2014 versichert hatte, im Besitz der geforderten Unterlagen zu sein. Der Antragsgegner wird zur Abwendung der Zwangshaft unverzüglich seine Mitwirkung nachzuholen und die noch ausstehenden Unterlagen bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland vorzulegen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG I. V. m. § 1 FamGKG und nr. 1912 KVFam.
Fundstellen
Haufe-Index 7610467 |
FamRZ 2015, 1222 |