Leitsatz (amtlich)
Die Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft beginnt für ein minderjähriges Kind mit Kenntnis des Erbfalles durch den Erziehungsberechtigten (§ 1943 BGB). Prozesskostenhilfe für die beantragte Genehmigung der Erbausschlagung durch das Familiengerichtes ist zu verweigern, wenn im Zeitpunkt des Antrages die Ausschlagung nicht mehr genehmigungsfähig ist.
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Aktenzeichen 27 F 852/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des AG – FamG – Halle-Saalkreis vom 5.6.2002 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 15.7.2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Rechtsbehelf ist zulässig, da sich seine Zulässigkeit nach § 14 FGG richtet und nach dieser Bestimmung die Vorschriften der – am 1.1.2002 in Kraft getretenen – neuen Zivilprozessordnung Anwendung finden, deren Zulässigkeitsvoraussetzungen gewahrt sind. Nach der neuen Zivilprozessordnung (§ 26 Nr. 10 EGZPO) ist gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe die – sofortige – Beschwerde statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F.), die von der Kindesmutter innerhalb der Monatsfrist (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO n.F.) eingelegt worden ist.
Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde erfolgt durch den Senat als Kollegialgericht, nachdem der originäre Einzelrichter die Sache – mit Beschluss vom 24.7.2002 – dem Kollegium zur Entscheidung übertragen hat (§ 568 S. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet, da die Rechtsverfolgung der Kindesmutter schon bei der Beantragung der Prozesskostenhilfe keine Aussicht auf Erfolg geboten hat (§ 114 ZPO):
1. Die Kindesmutter hat für die familienrechtliche Genehmigung (§ 1643 Abs. 2 S. 1 BGB) der – von ihr am 24.4.2001 erklärten – Erbausschlagung Prozesskostenhilfe beantragt und das Prozesskostenhilfegesuch am 20.6.2001 beim FamG eingereicht.
Zum Zeitpunkt der Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs am 20.6.2001 war die Erbausschlagung schon nicht mehr genehmigungsfähig, weil die Frist für die Erbausschlagung abgelaufen war (vgl. RGZ 118, 145 ff.). Die Frist betrug nämlich sechs Wochen von dem Zeitpunkt an, an dem die Kindesmutter – als gesetzliche Vertreterin des zum Erbe berufenen Kindes – von dem Anfall der Erbschaft und dem Grunde der Berufung des Kindes zum Erben Kenntnis erlangt hatte (§ 1943 Abs. 2 BGB). Von dem Erbfall vom 21.3.2001 und von den weiteren Tatsachen hatte die Kindesmutter spätestens bei der von ihr erklärten Erbausschlagung vom 24.4.2001 Kenntnis. Die sechswöchige Frist für die Genehmigung der Erbausschlagung lief also vor der Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs (am 20.6.2001) ab.
2. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt nur für die Zeit ab Antragstellung in Betracht (Zöller/Philippi, 23. Aufl., § 119 ZPO Rz. 39 m.w.N.). Neben den zu beachtenden Förmlichkeiten kann dem Prozesskostenhilfegesuch nicht stattgegeben werden, wenn die Hauptsache – hier: familiengerichtliche Genehmigung – zu diesem Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg hat.
III. Eventuelle Amtshaftungsansprüche wegen einer Verzögerung des Genehmigungsverfahrens durch das Famliengericht (vgl. RGZ 118, 145 ff.) rechtfertigen die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht, da sie nicht Gegenstand des vorliegenden Prozesskostenhilfeverfahrens sind. Im Übrigen könnten sich Schäden des Kindes dadurch vermeiden lassen, dass es – durch seinen gesetzlichen Vertreter – die Einrede der beschränkten Erbenhaftung erhebt (§ 1990 BGB).
Dr. Friederici Bisping Hellriegel
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Fundstellen
Haufe-Index 1108896 |
OLGR-NBL 2003, 325 |