Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Höhe der Einigungsgebühr bei Einbeziehung von im Scheidungsverbundverfahren nicht anhängigen Gegenständen in den Vergleich
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Höhe der Einigungsgebühr ist zu berücksichtigen, ob über den Gegenstand der Einigung bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig war oder nicht. Ohne Gerichtsverfahren fällt eine 1 1/2 Einigungsgebühr an (Nr. 1000 VV), mit Anhängigkeit eines gegenständlich identischen Gerichtsverfahrens sinkt die Gebühr nach Nr. 1003 VV auf den einfachen Satz.
2. Werden Gegenstände mit verglichen, die nicht im Verfahren Streitgegenstand waren, muss der Streitwert für den Vergleich aufgeteilt werden, um der unterschiedlichen Gebührenberechnung zu entsprechen.
Normenkette
RVG §§ 11, 13; VV RVG Nrn. 1000, 1003
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Beschluss vom 18.12.2007; Aktenzeichen 11 F 1052/03) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des AG Wernigerode vom 18.12.2007 - 11 F 1052/03 (S), abgeändert und die gem. § 11 RVG von dem Antragsgegner an den Antragsteller zu zahlende Vergütung auf 2.435,10 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.7.2007 festgesetzt.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller nach einem Gegenstandswert von 4.274,48 EUR.
Gründe
I. Die gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG i.V.m. den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. § 569 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 9.1.2008 gegen den gemäß Antrag vom 24.7.2007 i.H.v. 6.709,58 EUR ergangenen Vergütungs- und nicht, wie verlautbart, Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Wernigerode vom 18.12.2007 ist in der Sache begründet.
Die Vergütung des erst seit Dezember 2006 als Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners tätig gewordenen Antragstellers bemisst sich gem. § 11 Abs. 1 RVG i.V.m. § 60 Abs. 1 RVG nach neuem Recht. Zu Unrecht hat das AG allerdings die zugunsten des Antragstellers angefallene Verfahrens- und Terminsgebühr gem. § 2 Abs. 1 RVG nach einem Wert von insgesamt 360.539,72 EUR unter Einbeziehung des separat - einschließlich Versorgungsausgleichs - für den Vergleich festgesetzten Gegenstandswertes von 347.339,72 EUR bemessen, während richtigerweise, mangels Anhängigkeit der zusätzlich in den Vergleich einbezogenen Verfahrensgegenstände, für jene gemäß der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG und der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG zu berechnenden Gebühren sich der Wert lediglich nach der Summe der streitgegenständlich gewordenen Verfahrensanträge im Scheidungsverbundverfahren bemisst.
Der Ansatz der Verfahrens- und Terminsgebühren nach den Nr. 3100 ff. des Vergütungsverzeichnisses (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG setzt stets eine prozessuale Anhängigkeit der betreffenden Streitgegenstände mittels Antragstellung voraus (s. dazu etwa Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, Rz. 13 zu Nr. 3100 VV und Rz. 38 zu Nr. 3104 VV), an der es fehlt, sofern - wie hier bis auf letztlich gebührenrechtlich irrelevante Konkordanzen - im Verhandlungstermin nicht zuvor anhängig gemachte Gegenstände erörtert und vergleichsweise geregelt werden. Folgerichtig wird, gesetzessystematisch stringent, auch in Nr. 1000 und Nr. 1003 VV bei der Höhe der Einigungsgebühr danach unterschieden, ob über den Gegenstand der Einigung bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig war oder nicht. Ohne Gerichtsverfahren fällt eine anderthalbfache Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV an, mit Anhängigkeit eines gegenständlich identischen Gerichtsverfahrens sinkt die Gebühr nach Nr. 1003 VV auf den einfachen Satz.
Die gegenteilige Auffassung des Antragstellers, der Wert des abgeschlossenen Vergleiches sei ohne weiteres auch für die Verfahrens- und Terminsgebühr bestimmend, trifft demnach nicht zu. Zwar hat er als vormaliger Verfahrensbevollmächtigter des Antragsgegners zusammen mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin außergerichtlich einen Anwaltsvergleich ausgearbeitet, der in der mündlichen Verhandlung am 27.6.2007 protokolliert worden ist. Die zentralen Regelungspunkte des Vergleiches - der allein für die Grundstücksübertragung einen Wert von 332.339,72 EUR aufweist - waren mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs und der Auskunftsanträge aber nicht zuvor anhängiger Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.
Das AG hat daher auch zu Recht gesondert, wie von den Parteien unter § 7 des Anwaltsvergleichs vereinbart, den Streitwert für den Vergleich auf 347.339,72 EUR festgesetzt und nach diesem Wert die Vergleichs- oder Einigungsgebühr angesetzt, welche allerdings, mangels gerichtlichen Verfahrens über die Vergleichsgegenstände, gem. Nr. 1000 VV nach dem anderthalbfachen Satz zu bemessen und nicht, wie bislang folgerichtig, wenngleich unter Angabe jener Nr., vom Antragsteller berechnet, nach Nr. 1003 VV auf den einfachen Satz zu beschränken ist.
Der Streitwert für die im ge...