Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach langer Trennungszeit bei 30-jähriger Ehe
Leitsatz (amtlich)
Nach einer mehr als 30-jährigen Ehe führt eine Trennungszeit von rd. 13 Jahren bis zum Scheidungsantrag grundsätzlich nicht zu einer Herabsetzung des Ausgleichs.
Dies auch dann nicht, wenn ein Ehegatte in der Trennungszeit überwiegend seine ausgleichspflichtigen Anrechte erworben hat, eine "phasenverschobene Ehe" nicht vorliegt und die Parteien nahezu gleichaltrig sind.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
AG Aschersleben (Beschluss vom 16.03.2007; Aktenzeichen 3 F 67/98) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Aschersleben vom 16.3.2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
3. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das FamG hat nach vorausgegangener Ehescheidung mit dem angefochtenen Beschluss den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien geregelt. Nach den eingeholten Auskünften der beteiligten Versorgungsträger hat die Antragstellerin in der Ehezeit (1.6.1967 bis 30.4.1998, § 1587 Abs. 2 BGB) angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 838,24 EUR, der Antragsgegner gleichartige Anrechte i.H.v. 698,90 EUR sowie regeldynamische Anwartschaften von 60,77 EUR monatlich erworben. Da beide Parteien bereits Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, hat das AG den Versorgungsausgleich durchgeführt und dem Antragsgegner Anwartschaften von monatlich 41,34 EUR übertragen. Gegen diese ihr am 2.4.2007 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin am 16.4.2007 Beschwerde eingelegt. Sie meint, aufgrund der langen Trennungszeit (ab 1.6.1991 bis 30.4.1998) müsse der Versorgungsausgleich auf die Zeit bis zum 1.6.1992 (Ablauf des Trennungsjahres) beschränkt werden. Darüber hinaus lasse die Entscheidung die vom Antragsgegner im Jahre 1982 erworbenen und nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetz (AAÜG) zu berücksichtigenden Anrechte des Antragsgegners außer Acht. Zudem habe der Antragsgegner bis 1971 zusätzliche Einkünfte erzielt, die in der Auskunft des Rentenversicherungsträgers nicht berücksichtigt worden seien.
Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung hat der Senat beim Rentenversicherungsträger des Antragsgegners ergänzende Auskünfte eingeholt.
II.1. Die Beschwerde ist gem. §§ 621e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, 53b Abs. 2 FGG zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg, da die vom FamG getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht zu beanstanden ist.
a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs nicht in Betracht. Nach § 1587c Nr. 1 BGB findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Der Tatbestand dieser Härteklausel ist erfüllt, wenn aufgrund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen und daher zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde (BGH FamRZ 2005, 2052 ff.). Dies kann hier nicht angenommen werden. Zwar lebten die Parteien bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens bereits rd. 13 Jahre getrennt, und die Antragsgegnerin hat gerade während dieser Zeit den überwiegenden Teil ihrer Versorgungsanwartschaften erworben. Dies rechtfertigt eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs jedoch nicht. Angesichts der Gesamtdauer der Ehe von mehr als 30 Jahren führt die lange Trennungszeit allein noch nicht zur Annahme der Härteklausel, zumal nach dem Willen des Gesetzgebers auch die während des Getrenntlebens der Ehegatten erworbenen Anrechte grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterliegen (vgl. BVerfG FamRZ 1980, 326). Unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse erscheint es nicht als grob unbillig, wenn von der Antragstellerin im Ergebnis Anwartschaften in einer Größenordnung von monatlich etwa 41 EUR auf den Antragsgegner übertragen werden, zumal die Parteien nahezu gleichaltrig sind und eine sog. "phasenverschobene Ehe" gerade nicht bestand (vgl. hierzu zuletzt BGH Beschl. v. 11.9.2007 - XII ZB 107/04).
b) Nach der vom Senat eingeholten ergänzenden Auskunft des Rentenversicherungsträgers sind weitere Arbeitsverdienste zugunsten des Antragsgegners nicht anzurechnen. Auch nach dem AAÜG ergeben sich für das Jahr 1992 keine berücksichtigungsfähigen Anrechte aus einer Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die ergänzenden Auskünfte des zuständigen Versorgungsträgers.
3. Die Kostenentscheidung beru...