Leitsatz (amtlich)
Schmerzensgeld i.H.v. 4.500 EUR (hier: Tierhalterhaftung bei einem Hundebiss in die Wade des rechten Beins; ca. 4 Wochen stationäre Behandlung wegen Wundinfektionen und ca. 2 Wochen Gehstützen; unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Geschädigten zu 1/3).
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 10.03.2010; Aktenzeichen 23 O 363/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der Zivilkammer 3 des LG Stendal vom 10.3.2010 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.199,51 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.8.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung ist zulässig und zum Teil begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen der durch die Hundebisse am 18.8.2008 erlittenen Verletzungen gem. § 833 S. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch i.H.v. insgesamt 5.199,51 EUR zu; der Anspruch setzt sich aus einem Schmerzensgeld von
4.500 EUR, einer anteiligen Erstattung der Kosten für die ärztlichen Befundberichte von 39,51 EUR und einem Ausgleich für die ausgefallene Haushaltstätigkeit von 660 EUR zusammen. Hinsichtlich der Feststellung, dass die Beklagte auch zum Ersatz sämtlicher zukünftiger Schäden aus dem Vorfall vom 18.8.2008 verpflichtet sei, fehlt es der Klägerin hingegen an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.
1. Die Beklagte ist als Halterin des Hundes "B." dem Grunde nach zum Ersatz der Schäden verpflichtet, die die Klägerin am 18.8.2008 infolge der Hundebisse in die Wade ihres rechten Beins erlitten hat. Denn in den Hundebissen verwirklichte sich, wie es § 833 S. 1 BGB voraussetzt, eine typische Tiergefahr. Die typische Tiergefahr zeichnet sich durch ein der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten des Tieres aus (s. BGH, Urt. v. 20.12.2005 - Az.: VI ZR 225/04 -, NJW-RR 2006, 813, 814; BGH, Urt. v. 6.7.1976 - Az.: VI ZR 177/75 -, NJW 1976, 2130, jeweils m.w.N.). Das wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.
2. Für die erlittenen Verletzungen kann die Klägerin ein Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) von - nur - 4.500 EUR beanspruchen.
a) Allerdings fällt der Beklagten, neben der von ihrem Hund "B." ausgehenden Tiergefahr, auch eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung zur Last. Denn die Beklagte hatte, ausweislich ihrer eigenen Angaben bei der polizeilichen Vernehmung vom 28.8.2008, schon vor der Verletzung der Klägerin bemerkt, dass der Hund "irgendwie ängstlich reagierte" und er "sich zu sehr bedrängt fühlte und unter Stress stand". Gleichzeitig wusste sie, dass "wenn der B. unter Stress steht,... es schnell kommen (kann), dass er beißt" (Bl. 9/11d. BA). Sie will die Klägerin hierauf sogar hingewiesen haben, um diese zu veranlassen, von ihren Bemühungen, den Hund mit einer Leberwurst in den Wagen zu locken, Abstand zu nehmen. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte - etwa durch ein entsprechendes Festhalten des Hundes am Halsband, nicht nur an der (kurzen) Leine - unbedingt verhindern müssen, dass der Hund in die Reichweite der auf das Haus zugehenden Klägerin gelangte.
b) Darüber hinaus wird die Höhe des Schmerzensgeldes wesentlich von den schweren Verletzungsfolgen mitbestimmt, die sich aus dem Hundebiss entwickelt haben. Wegen einer zunehmenden Wundinfektion musste sich die Klägerin eine Woche nach dem Vorfall, am 25.8.2008, in stationäre Krankenhausbehandlung begeben; der Aufenthalt im Krankenhaus dauerte bis zum 23.9.2008. Ausweislich des Arztbriefes des Chefarztes Dr. J. vom 24.10.2008 an die Klägervertreter erfolgte ein Wunddébridement mit Ausschneidung abgestorbenen Weichgewebes und einer intensiven Weichteilbehandlung mit Spülung und Anlage eines Vakuum-Vebandes. Nach Beherrschung der Infektion konnte dann am 15.9.2008 eine Hautverpflanzung in den Defekt am rechten Unterschenkel vorgenommen werden. Die Klägerin war, ihrem weiteren - unbestrittenen - Vortrag zufolge, im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt noch bis zum 5.10.2008 auf die Benutzung zweier Unterarmstützen und in der Zeit vom 06.10. bis 2.11.2008 auf die Hilfe einer Unterarmstütze angewiesen. Von einem Dauer- oder Folgeschaden ist hingegen nichts bekannt (dazu noch unter Ziff. 5.).
c) Auf der anderen Seite ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ein Mitverschulden der Klägerin zu berücksichtigen, das mit einem Drittel zu bewerten ist (zur Berücksichtigung des Mitverschuldens ggü. der Gefährdungshaftung des § 833 BGB: OLG Koblenz, Urt. v. 3.7.2003 - Az.: 5 U 27/03 -, NJW 2003, 2834 f.; Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl., § 833 Rz. 13).
Wie die Klägerin in ih...