Leitsatz (amtlich)
1. Die Verjährungsfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2 PflVG ist keine absolute Verjährungsgrenze; ihr Lauf kann durch Anmeldung der Ansprüche nach § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG gehemmt werden.
2. Ist die Verjährung mangels formwirksamer endgültiger Entscheidung des Haftpflichtversicherers dauerhaft gehemmt, so kann sich der Geschädigte auf die Hemmung jedenfalls dann nach Treu und Glauben nicht mehr berufen, wenn er nach dem Zeitpunkt, zu dem alle Beteiligten der Schadensregulierung übereinstimmend von deren Abschluss ausgegangen sind, mehr als zehn Jahre nicht erneut einen weiteren Anspruch angemeldet hat (§ 242 BGB).
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 31.07.2007; Aktenzeichen 10 O 2811/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.7.2007 verkündete Urteil des LG Magdeburg, 10 O 2811/05, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht.
und beschlossen:
Der Kostenwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.745,25 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin einen etwaigen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte aus dem übergegangenen Recht ihres Versicherungsnehmers A. W. nicht mehr gerichtlich durchsetzen kann. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe sind im Ergebnis unbegründet.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen sog. Direktanspruch nach § 3 Nr. 1 PflVG geltend. Dieser Anspruch unterliegt nach § 3 Nr. 3 Satz 2 Halbs. 2 PflVG der Verjährung spätestens in zehn Jahren vom Schadensereignis, hier dem Unfalltag am 19.4.1991, an. Ohne Berücksichtigung einer Unterbrechung oder Hemmung des Laufs dieser Verjährungsfrist war die Verjährung bei Klageeinreichung am 14.12.2005 bereits lange vollendet, so dass die Beklagte nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt ist, die Leistung durch die Einrede der Verjährung zu verweigern. Die Beklagte hat diese Einrede bereits mit Schreiben vom 7.10.2004 außergerichtlich erhoben und hat sie im Prozess wiederholt.
Die Klägerin kann sich hier nach Treu und Glauben auch nicht mehr auf eine dauerhafte Hemmung der vorgenannten Verjährungsfrist durch Anmeldung ihrer Ansprüche ggü. der Beklagten am 4.11.1993 berufen, weil sie, nachdem die Beklagte Mitte November 1993 die einzig angemeldete Schadenersatzforderung durch umgehende Zahlung anerkannt und erfüllt hatte, mehr als elf Jahre nicht mehr auf die Angelegenheit zurückgekommen ist.
Allerdings ist die Verjährungsfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2 Halbs. 2 PflVG keine absolute Verjährungsgrenze, so dass Hemmungsgründe zur Wirkung gelangen können (so ausdrücklich OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.4.1989 - 1 U 110/88, NJW-RR 1990, 472; ebenso BGH, Urt. v. 9.1.2007 - VI ZR 139/06, NJW-RR 2007, 467 [in juris unter Rz. 20]). Der Klägerin ist auch darin zu folgen, dass hier eine Hemmung nach § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG eingetreten ist durch die Anmeldung der Einzelschadensposition mit Schreiben vom 4.11.1993. Das Schreiben enthält darüber hinaus den Vorbehalt der Nachberechnung des Anspruchs für den Fall der Falschberechnung. Die bloße Zahlung des geforderten Betrages Mitte November 1993 konnte hier schon deshalb nicht als eine endgültige Entscheidung im Rahmen der Schadensregulierung gelten, weil u.U. eine Nachberechnung noch im Raume stand, vor allem aber deswegen, weil dem Schriftformerfordernis des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG für die Entscheidung des Versicherers nicht genügt worden ist (vgl. zur regelmäßigen Formunwirksamkeit einer bloßen anerkennenden Zahlung BGH, Urt. v. 30.4.1991 - VI ZR 229/90, BGHZ 114, 299 = VersR 1991, 878 [in juris Rz. 14 ff]; und Urt. v. 28.1.1992 - VI ZR 114/91, VersR 1992, 604 [in juris Rz. 9]).
Die Klägerin kann sich hier nach Treu und Glauben aber nicht mehr auf die ursprünglich eingetretene Hemmung der Verjährung berufen (vgl. auch OLG Celle, Urt. v. 27.9.2005 - 14 U 59/05 - zitiert nach juris). In Konstellationen, wie der vorliegenden, in denen ein Hemmungsgrund vorliegt und in denen eine Beendigung der Hemmung von keiner der beiden Beteiligten des Rechtsverhältnisses herbeigeführt worden ist, wäre die Verjährung des Anspruchs dauerhaft gehemmt, d.h. auch weit über den durch die Verjährungsvorschriften vorgezeichneten Zeitraum hinaus. Die durch die Festlegung der Verjährungsfrist gewollte Rechtssicherheit für den Anspruchsverpflichteten träte nie ein. Der Gesetzgeber hat im konkreten Fall der Verjährungsfrist nach § 3 Nr. 3 Satz 2 Halbs. 2 PflVG der mit der Einführung des Direktanspruchs eingetretenen erhöhten Belastung der Versicherer Rechnung tragen und berücksichtigen wollen, dass der Schuldner des Anspruchs ein Unternehmen ist, welches auf ei...