Leitsatz (amtlich)
1. Eine objektive Klagehäufung liegt vor, wenn ein Antrag auf Räumung und Herausgabe einer Pachtsache auf mehrere Kündigungserklärungen des Verpächters gestützt wird, die sich jeweils auf verschiedene Kündigungsgründe beziehen und im Falle ihrer Wirksamkeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Beendigung des Pachtverhältnisses führen würden.
2. Keine Entscheidung der Rechtsfrage, ob die Nichteinhaltung einer im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung von Landpachtflächen gebotenen Pflanzpause beim Anbau von Kartoffeln wegen der damit verbundenen erhöhten Gefahr eines Nematodenbefalls der Flächen eine außerordentliche Kündigung durch den Verpächter rechtfertigt.
3. Eine Vertragsklausel in einem Landpachtvertrag, welche unter der gesonderten, deutlich hervorgehobenen Überschrift "Unterverpachtung" die Regelung enthält, dass der Pächter die Nutzung der Pachtsache einem anderen überlassen, insbesondere die Grundstücke unterverpachten bzw. sie im Rahmen eines Pflugtausches einsetzen darf, verstößt weder gegen § 305c BGB noch gegen § 307 BGB.
Verfahrensgang
AG Stendal (Urteil vom 11.03.2011; Aktenzeichen 4 Lw 27/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 11.3.2011 verkündete Urteil des Landwirtschaftsgerichts des AG Stendal unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, die in der Gemarkung Hm. wie folgt belegenen Grundstücke zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben:
Flur 1, Flurstück 2 zu 2,9540 ha (Acker),
Flur 2, Flurstück 387/144 zu 11,3680 ha (Acker),
Flur 3, Flurstück 4/9 zu 0,9353 ha (Grünland),
Flurstück 4/8 zu 0,5630 ha (Grünland),
Flurstück 4/10 zu 0,0542 ha (Grünland),
Flurstück 4/12 zu 1,0740 ha (Grünland),
Flurstück 6/7 zu 0,0529 ha (Grünland),
Flurstück 7 zu 0,1950 ha (Grünland),
Flur 4, Flurstück 93 zu 0,0050 ha (Acker),
Flurstück 94 zu 3,1050 ha (Acker),
Flurstück 363/92 zu 20,4619 ha (Acker),
Flurstück 364/95 zu 10,5515 ha (Acker),
Flur 5, Flurstück 3 zu 0,4880 ha (Grünland),
Flurstück 4 zu 0,7710 ha (Grünland),
Flurstück 6/1 zu 0,3372 ha (Grünland),
Flurstück 6/2 zu 0,1918 ha (Grünland) und
Flurstück 48 zu 0,4150 ha (Grünland),
gesamt 53,5228 ha.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 9.166,67 EUR nebst Zinsen hierauf i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.8.2011 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat der Kläger zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 40 % und dem Beklagten zu 60 % zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren wird auf 32.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Herausgabe von siebzehn landwirtschaftlich genutzten Grundstücken in der Gemarkung Hm., die Gegenstand eines Landpachtvertrages sind, sowie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung wegen verspäteter Rückgabe dieser Flächen in Höhe der Pachtzinsen bzw. den Pachtzins selbst.
Die unter Ziff. I.1. im Urteilstenor aufgeführten Grundstücke (hinsichtlich des vorletzten Flurstücks hat der Senat die offensichtlich unrichtige Bezeichnung 6/1 zu 6/2 berichtigt; die zutreffende Bezeichnung ergibt sich insoweit auch aus der Anlage K 2) standen ursprünglich im Eigentum der Erbengemeinschaft S., bestehend aus H. S., I. L. geb. S. und I. M. geb. S.. Die Erbengemeinschaft schloss mit dem Beklagten am 13.12.2007 einen Landpachtvertrag über diese Grundstücke mit einer Vertragslaufzeit von 15 Jahren, beginnend am 1.10.2006. Als Jahrespachtzins wurde ein Betrag i.H.v. 10.000 EUR, zahlbar nachträglich nach Schluss des Pachtjahres jeweils bis zum 15.12. des laufenden Jahres, vereinbart. In seinem § 11 enthält der Pachtvertrag folgende Bestimmung:
"§ 11 - Unterverpachtung
(1) Der Pächter darf die Nutzung der Pachtgrundstücke einem anderen überlassen, insbesondere die Grundstücke unterverpachten. Ebenso aus Anlass eines zeitweiligen Flächenaustausches (Pflugtausch) oder aus ähnlichem Grunde im üblichen Rahmen einem anderen überlassen.
(2) Bei einer formwechselnder Umwandlung bzw. Änderung der Rechtsform oder Übernahme des Betriebes übernehmen die Nachfolger das Pachtverhältnis und treten anstelle des bisherigen Pächters in den Pachtvertrag ein. Sie sind verpflichtet, die Betriebsübernahme unverzüglich anzuzeigen. Die Beendigung des Pachtverhältnisses aus diesem Grund ist ausgeschlossen."
In § 12 sieht der Pachtvertrag Regelungen für eine vorzeitige Kündigung vor. Danach kann der Verpächter außer in den gesetzlich festgelegten Gründen das Pachtverhältnis u.a. auch dann fristlos kündigen, wenn der Pächter so schlecht wirtschaftet, dass dem Verpächter die Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (Abs. 1), oder wenn gegen den Pächter Antrag auf Eröffnung eines Einzelzwangsvollstreckungsverfahrens gestellt ist (Abs. 2 lit. c Alt. 4). Nach Abs. 3 dieser Vertragsklausel ist in allen Fällen, in d...