Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Gesamtabwägung sämtlicher Umstände und Interessen kann für den Verpächter die Fortsetzung des Landpachtverhältnisses unzumutbar sein, wenn zwar lediglich viermalige und verhältnismäßig geringfügige, überwiegend ca. ein- bis eineinhalbmonatige Verzögerungen bei der Zahlung des Jahrespachtzinses vorliegen, alle Zahlungen jedoch von einem Dritten erfolgten, der Pächter selbst insolvent ist und der Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien sich zuletzt schwierig gestaltet hat.

 

Verfahrensgang

AG Wernigerode (Urteil vom 31.01.2013; Aktenzeichen 10 Lw 31/09)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 31.1.2013 verkündete Urteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Wernigerode wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Mit Pachtvertrag vom 13.1.2004 verpachtete die zwischenzeitlich verstorbene E. S. an den Kläger mehrere in der Gemarkung St. gelegene Flurstücke in einer Gesamtgröße von 5,5103 ha für den Zeitraum vom 1.10.2003 bis zum 30.9.2015 (Anlage K 1). Es wurde ein Pachtzins von jährlich 1.126,95 EUR vereinbart, der jeweils zum 30.09. des Jahres zu zahlen war.

Erben der E. S. sind M. R., H. T., H. S. und I. K., wobei die Erbengemeinschaft ausweislich der notariellen Vollmachten vom 22.11.2006 (Bl. 73 - 74 R, I) und vom 25.11.2006 (Bl. 75 - 76 R, I) von I. K. vertreten wird.

Der Kläger zahlte die Pacht für das Pachtjahr 2006/07 am 29.12.2006, für das Pachtjahr 2007/08 am 1.11.2007, für das Pachtjahr 2008/09 am 28.10.2008 (Kontoauszüge, Bl. 167, I) und für das Pachtjahr 2009/10 Mitte November 2009.

Mit Schreiben vom 18.12.2006 mahnte I. K. "als Bevollmächtigte der Erbengemeinschaft N. und E. S. " unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 14.10.2006 die Zahlung von Pacht an, verbunden mit der Ankündigung, den Pachtvertrag bei ausbleibendem Zahlungseingang bis 28.12.2006 "rückwirkend zum 1.10.2006 als gekündigt (anzusehen)".

Mit Schreiben vom 15.12.2008 erklärte I. K. unter Berufung auf das wiederholte Unterbleiben ordnungsgemäßer Zahlung die Kündigung des Pachtverhältnisses mit sofortiger Wirkung.

Mit an I. K. gerichteten Schreiben vom 13.11.2009 wies der Kläger darauf hin, dass er die Pachtzahlung zum zweiten Mal angewiesen habe; die Kontonummer habe sich "um die 8 erweitert"; ferner seien sämtliche bisherigen Schreiben der I. K. unwirksam, weil diese ihre Vertretungsbefugnis nicht nachgewiesen habe.

Mit Schreiben vom 17.11.2009 erklärte I. K. unter Berufung auf eine bereits mehrfach mitgeteilte, für sie bestehende Handlungsbefugnis betreffend die Erbengemeinschaft die Kündigung des Pachtverhältnisses mit sofortiger Wirkung wegen wiederholt nicht ordnungsgemäßer Pachtzahlung und wegen einer durch die Erbengemeinschaft nicht genehmigten Bewirtschaftung der Flächen durch Dritte; Pachtzahlungen durch den Landwirt M. würden angesichts der allein an den Kläger erfolgten Verpachtung der Flächen nicht mehr akzeptiert.

Mit seiner ursprünglich gegen I. K. und E. S. erhobenen, seit dem 23.9.2010 gegen die Erbengemeinschaft gerichteten Klage begehrt der Kläger die Feststellung des Fortbestands des Pachtverhältnisses. Er bestreitet den Zugang der Schreiben vom 18.12.2006 und 15.12.2008 und bezweifelt den Zugang des Schreibens vom 14.10.2006. I. K. sei nicht berechtigt gewesen, die beiden Kündigungen für die Erbengemeinschaft zu erklären. Ferner fehle es an einem Kündigungsgrund, da die verspäteten Pachtzahlungen geduldet worden seien und durch diese Übung der vertraglich vereinbarte Fälligkeitstermin abgeändert worden sei. Die verspätete Zahlung für das Pachtjahr 2009/2010 Mitte November 2009 sei dadurch verursacht worden, dass die Verpächterin die Mitteilung der aktuellen Bankverbindung versäumt habe. Hinsichtlich beider Kündigungen fehle es zudem an der erforderlichen Abmahnung.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Pachtverhältnisse zwischen den Parteien über die folgenden, in der Gemarkung St. gelegenen Grundstücke weiterbestehen:

  • ..., Flur 1, Flurstück 14, in Größe von 0,8485 ha,
  • ..., Flur 1, Flurstück 357/124, in Größe von 0,5808 ha,
  • ..., Flur 5, Flurstück 106/44, in Größe von 0,2553 ha,
  • ..., Flur 6, Flurstück 85, in Größe von 1,5061 ha,
  • ..., Flur 6, Flurstück 86, in Größe von 0,2954 ha,
  • ..., Flur 9, Flurstück 47, in Größe von 0,6209 ha,
  • ..., Flur 9, Flurstück 66/1, in Größe von 0,2088 ha,
  • ..., Flur 9, Flurstück 130/2, in Größe von 0,3757 ha,
  • ..., Flur 9, Flurstück 156, in Größe von 0,4997 ha.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Klagerecht hinsichtlich der ersten Kündigung verwirkt sei. Diese Kündigung sei dem Kläger nach gescheiteter postalischer Zustellung Anfang Januar 2009 nochmals per Boten in seinen Briefkasten eingeworfen worden. Schließlich bestehe ein weiterer Kündigungsgrund darin, dass der Kläger die Flächen ungenehmigt an den Landwirt M. unterverpachtet habe, der die Bewirtschaftung der Flä...

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