Leitsatz (amtlich)
Der Makler kann den Anspruch auf Provision verlieren, wenn er ein ihm bekanntes Gutachten, das zahlreiche Mängel des Objekts dokumentiert, vorsätzlich nicht an seinen Vertragspartner weiterleitet.
Normenkette
BGB § 654
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 3 O 482/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28.3.2001 verkündete Urteil des LG Halle (3 O 482/00) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers übersteigt nicht 60.000 DM.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft sowie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO).
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Maklerlohn i.H.v. 12.197,50 DM gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB.
Es kann dahinstehen, ob, wie vom LG in seiner angefochtenen Entscheidung verneint, eine Verwirkung des Anspruches gem. § 654 BGB – oder ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen positiver Verletzung des Maklervertrages – deshalb anzunehmen ist, weil der Kläger – bzw. sein Angestellter, der Zeuge D. – anlässlich der am 14.10.1999 durchgeführten Besichtigung des Objektes hinsichtlich der Gas- und Abwasseranschlüsse falsche Angaben gemacht hat. (Insoweit dürfte nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme angesichts der Aussage des Zeugen D. jedenfalls ein non liquet zu Lasten des beweisbelasteten Beklagten gegeben sein.) Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob ein Wegfall oder eine Herabsetzung der Maklerprovision angesichts der im Kurz-Exposé des Klägers enthaltenen unrichtigen Angabe der Grundstücksgröße von 6.243 qm (Bl. 126, I) gerechtfertigt ist. (Hierbei handelt es sich wohl lediglich um ein leicht fahrlässiges Verhalten in Gestalt eines Druckfehlers, das allenfalls zur Annahme einer positiven Forderungsverletzung führen könnte. In diesem Zusammenhang wäre jedoch ein überwiegendes Mitverschulden des Beklagten gem. § 254 BGB zu berücksichtigen, dem anlässlich der Besichtigung des Grundstückes die vorhandene Diskrepanz zu der tatsächlichen Grundstücksgröße von 873 qm [= 14 % der im Exposé ausgewiesenen Fläche; Bl. 216, I] hätte auffallen und Anlass zu einer Nachfrage beim Makler geben müssen.) Schließlich kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte gegen den geltend gemachten Maklerlohn mit Erfolg einwenden kann, dass seine den Kauf betreffenden persönlichen Finanzierungsdaten an die Firma B. übermittelt worden sind. (Abgesehen davon, dass die Datenübermittlung nicht vom Kläger in Person, sondern von der F. GmbH getätigt worden ist, ist dem Beklagten eine Berufung auf die Pflichtverletzung möglicherweise nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB deshalb verwehrt, weil er sich selbst vertragsuntreu verhalten hat, indem er bei der Erstellung der Kreditanträge unwahre Angaben gemacht hat [Nichtangabe der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und der Eintragung im Schuldnerverzeichnis]).
Jedenfalls scheidet ein Provisionsanspruch des Klägers auf Grund der von ihm unterlassenen Übermittlung des Verkehrswertgutachtens an den Beklagten aus. Nach § 654 BGB ist der Anspruch auf Maklerlohn ausgeschlossen, wenn der Makler vertragswidrig auch für den anderen Teil tätig geworden ist. Nach der Rechtsprechung enthält diese Vorschrift den Ausdruck eines allgemeinen Verwirkungsgedankens. Hiernach kommt eine analoge Anwendung in Betracht, wenn der Makler sich seines Lohnes für „unwürdig” erwiesen hat. Das ist dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahe kommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat. Hierfür ist nicht nur allgemein ein treuwidriges Verhalten des Maklers erforderlich, das unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung zu behandeln wäre. Die Bestimmung des § 654 BGB hat vielmehr Strafcharakter und soll den Makler bei Vermeidung des Verlustes seiner Vergütung anhalten, die ihm gegenüber seinem Auftraggeber obliegende Treuepflicht zu wahren. Daher bemisst sich das Gewicht der dem Makler vorzuwerfenden Pflichtverletzung nicht so sehr nach der objektiven Seite, nämlich dem Ausmaß der Folgen des Verstoßes oder der vertragsgemäßen Bedeutung der konkret verletzten Verpflichtung. Vielmehr ist bei der Anwendung des Verwirkungsgedankens von der Rechtsprechung immer in erster Linie der subjektive Tatbestand der Treuepflichtverletzung hervorgehoben worden. In diesem Zusammenhang sind Art und Umfang des zwischen Makler und Auftraggeber bestehenden Vertrauensverhältnisses maßgeblich, das insbesondere von der wirtschaftlichen Bedeutung des Geschäfts- und der (Un-)Erfahrenheit des Auftraggebers abhängt. Erfasst werden auch Pflichtverletzungen im vorvertraglichen Stadium, da es keinen Unterschied machen kann, ob der Makler Treuepflichten gegenüber seinem Auftraggeber vor oder nach Abschluss de...