Leitsatz (amtlich)
1. Der nach § 37 Abs. 2 S 2, 2. Alt VVG auffällige Hinweis auf eine Leistungsfreiheit des Versicherers im Falle des Zahlungsverzuges mit der Erstprämie hat in aller Regel bereits auf der Vorderseite des Versicherungsscheins zu erfolgen.
2. Anderenfalls bedarf es regelmäßig eines bereits dort durch Fett- oder Großdruck hervorgehobenen Hinweises auf die später folgende Belehrung.
3. Allein eine Belehrung auf den Folgeseiten genügt trotz Hervorhebung einer Überschrift im Fettdruck jedenfalls dann nicht, wenn diese Hervorhebung durch andere, merklich unwichtigere, ebenfall im Fettdruck gehaltene Hinweise im Gesamtkontext des Versicherungsscheins abgeschwächt wird.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 23.09.2010; Aktenzeichen 11 O 1132/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 23.9.2010 - 11 O 1132/10, abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin.
Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen den Streithelfern der Klägerin zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin als Kfz-Haftpflichtversicherer nimmt nach Regulierung eines unfallbedingten Schadensfalles vom 20.4.2009 i.H.v. 11.130,33 EUR gegenüber einem Dritten den Beklagten als angeblichen, den Unfall schuldhaft verursacht habenden Fahrer und unstreitigen Versicherungsnehmer des ab dem 19.3.2009 bestehenden Vertrages im Regresswege auf Ersatz in Anspruch, da sie wegen der unstreitig zum Unfallzeitpunkt noch nicht gezahlten Erstprämie von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden sei und darum auch mit Schreiben vom 22.6.2009 (Bl. 19/20 = Bl. 64/65 d.A.) den Rücktritt vom Vertrag erklärt habe.
Die Parteien streiten namentlich darüber, wer den versicherten Pkw, einen BMW 525 TDS, zum Unfallzeitpunkt gefahren hat und wer für die bis dahin nicht möglich gewesene Abbuchung der Erstprämie die Verantwortung trägt.
Der Beklagte bestreitet, jemals Halter oder Besitzer des BMW gewesen zu sein, und trägt vor, die Prämie habe antragsgemäß nicht von seinem, sondern von dem im Versicherungsschein wie -antrag angegebenen Konto des Fahrzeughalters und Eigentümers A. H. abgebucht werden sollen, der auch, worauf die Versicherung mit Schreiben seinerseits vom 25.5.2009 (Bl. 63 = Bl. 59 d.A.) hingewiesen worden sei, den Wagen am 19.4.2009 (Bl. 55/56 d.A.) an P. G., den jetzigen Streithelfer der Klägerin, verkauft habe. Dieser wiederum habe den Pkw M. Sch., dem weiteren Streithelfer der Klägerin, überlassen, der am Folgetage den Unfall auf der Bundesautobahn 2 verursacht habe.
Auf dem Versicherungsschein vom 1.4.2009 (Bl. 13 - 15 d.A.) findet sich auf Seite 3 (Bl. 15 d.A.) zu den auf Seite 2 beginnenden sog. Erläuterungen zu Ihrem Vertrag namentlich folgender Passus, wobei, wie wiedergeben, lediglich die Überschriften fett markiert sind, ansonsten aber die gleiche Schriftgröße aufweisen wie die darunter befindlichen Textpassagen:
Vorläufige Deckung
...
Belehrung nach § 37 Abs. 2 VVG über die Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung des ersten oder einmaligen Beitrags
Zahlen Sie den ersten oder einmaligen Beitrag nicht unverzüglich nach Zugang des Versicherungsscheines, beginnt der Versicherungsschutz frühestens zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie den Beitrag zahlen. Der Versicherungsschutz beginnt gleichwohl zu dem vereinbarten Zeitpunkt, wenn Sie nachweisen, dass Sie die Nichtzahlung nicht zu vertreten haben.
Zahlen Sie den ersten oder einmaligen Beitrag nicht unverzüglich nach Zugang des Versicherungsscheines, können wir vom Vertrag zurücktreten, solange Sie die Zahlung nicht bewirkt haben. Unser Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen, wenn Sie nachweisen, dass Sie die Nichtzahlung nicht zu vertreten haben.
Dies gilt auch, wenn der jeweilige Erstbeitrag von einem Konto eingezogen werden soll und dieser aus von Ihnen zu vertretenden Gründen nicht abgebucht werden kann oder wenn einer berechtigten Einziehung widersprochen wird. Bitte vergewissern Sie sich deshalb, dass das Konto ausreichend gedeckt ist.
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Umstände zur Beitragsberechnung
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Wohnortwechsel
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Das LG hat durch Urteil vom 23.9.2010 (Bl. 98 - 101 d.A.) der Regressklage wegen der nicht bestehenden Leistungspflicht des Versicherers nach § 37 VVG stattgegeben. Die Anforderungen der Vorschrift seien erfüllt, denn der Beklagte sei hinreichend nach Abs. 2 Satz 2 über die Rechtsfolgen einer Nichtzahlung der Erstprämie seitens der Klägerin im Versicherungsschein belehrt worden.
Mit seiner Berufung vertritt der Beklagte die Auffassung, dass sich eine Leistungsfreiheit der Haftpflichtversicherung nur auf die Streithelfer beziehen könne, jedoch nicht auf das davon unberührt bleibende Innenverhältnis zwischen ihm und der Klägerin. Da er für den Verkehrsunfall unter keinem Gesichtspunkt verantwortlich sei, komme auch ein Regressanspruch der Klägerin gem. § 117 Abs....