Leitsatz (amtlich)
Zur Verwirkung eines auf ein Grundstück gerichteten Herausgabeanspruches.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 4 O 2855/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 18.11.2004, Geschäftszeichen: 4 O 2855/03, abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 10.000 EUR.
Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO abgesehen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des LG beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 Alt. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Kammer sind die Kläger nicht in der Lage, ihren aus dem Eigentum fließenden Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) gegen die Beklagte als Besitzerin der Liegenschaft durchzusetzen. Dem steht § 242 BGB, speziell die Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
1. Den Ausgangspunkt des LG stellt die Berufung zu Unrecht in Frage.
a) Die Kammer hat ausgeführt, die Kläger als Eigentümer hätten einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. Die Beklagte sei nicht zum Besitz berechtigt. Zwar könne ein Eigentumsverschaffungsanspruch ein solches Recht verleihen, wenn dem Erwerber im Hinblick hierauf der Besitz eingeräumt worden sei. Dies setze aber den Abschluss eines formwirksamen Vertrages voraus, woran es hier fehle.
Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
b) Entgegen der Auffassung der Berufung sind die Kläger und nicht die Beklagte Eigentümer des streitigen, 113 m2 großen Flurstücks 152 der Flur 509 der Gemarkung M..
Dies verlautbart der vom Senat beigezogene Auszug des Grundbuchs von M. Bl. 11002 [Bd. II Bl. 2-13 d.A.]. Jede, hiervon abweichende Eigentumssituation muss die Beklagte darlegen und beweisen (§ 891 Abs. 1 BGB). Hierfür genügt die pauschale Behauptung, die Beklagte sei Eigentümerin [Bd. I Bl. 207 d.A.] nicht, zumal sie sich mit den, zu den Akten gereichten Grundunterlagen sowie dem unstreitigen Vorbringen erster Instanz nicht vereinbaren lässt.
aa) Die Beklagte hat noch in erster Instanz behauptet, 1937 seien sich die Beteiligten darüber einig gewesen, dass der damalige Eigentümer des Flurstücks 152 die Fläche an den Eigentümer des Grundstücks der Beklagten, den Arbeiter N. C. auflassen werde, was dann allerdings unterblieben sei [Bd. I Bl. 138 d.A.]. Herr C. habe hierdurch einen besitzrechtsverschaffenden Übereignungsanspruch erworben [Bd. I Bl. 140 d.A.]. Die jetzt ins Feld geführte Grundbuchunrichtigkeit ist vor diesem Hintergrund neu, ohne dass ersichtlich wird, weshalb ihr unterlassener Vortrag in erster Instanz nicht auf Nachlässigkeit beruht (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO). Ist die Beklagte Eigentümerin geworden und lediglich das Grundbuch unrichtig, hätte es einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entsprochen, dies schon von Anfang an so darzustellen (§ 282 Abs. 1 ZPO).
Es ist zudem ebenso wenig zu ersehen, dass das Grundbuch unrichtig sein könnte, wobei regelmäßig auch ein gutgläubiger Erwerb auf Seiten der Rechtsvorgänger der Klägerin in Betracht gezogen werden muss.
bb) Die Beklagte selbst hat im Grundstückskaufvertrag vom 11.10.1995 [Bd. I Bl. 19-30 d.A.] nur das Flurstück 153 erworben. Sie ist ausweislich des Grundbuchs von M. Bl. 8775 nur Eigentümerin dieses Grundstücks geworden [Bd. I Bl. 95-106 d.A.]. Für einen weiter gehende Erwerb fehlt es an Auflassung und Grundbucheintragung (§§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 S. 1 BGB).
cc) Das Flurstück 152 gelangte zu keinem Zeitpunkt in die Verfügungsbefugnis der Rechtsvorgänger der Beklagten. Es wurde zuvor mit 1294/104 bezeichnet [Bd. I Bl. 115 d.A.] und am 7.4.1937 an den Kaufmann A. K. und seine Ehefrau aufgelassen, die am 3.5.1937 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurden [Bd. I Bl. 112 d.A.]. Das Flurstück 153 (vorher 1117/104 [Bd. I Bl. 94 d.A.]) wurde dagegen am 27.1.1936 an den Arbeiter N.C. aufgelassen, der am 17.6.1936 in das Grundbuch eingetragen worden war [Bd. I Bl. 86 d.A.]. Die Grenzverhandlung, auf die sich die Beklagte durchgängig beruft, fand erst am 15.6.1937 statt [Bd. I Bl. 18, 137 f. d.A.]. Sie weist zwar die Eheleute K. noch als Eigentümer des offenbar zur Teilung anstehenden, aber noch ungeteilten Grundstücks 1116/104 aus, was sich mit dem alten Grundbuchheft Band 26 Bl. 1051 [Bd. I Bl. 109 ff. d.A.] nicht in Übereinstimmung bringen lässt. Ein Eigentum des Herrn C. kann hieraus jedenfalls nicht abgeleitet werden, da die von der Beklagten behauptete Einigung nach den vollzogenen Eigentumsübertragungen erzielt wurde und deshalb auf eine Änderung der Eigentumszuordnung gerichtet war. Diese Änderung wurde nie durch Grundbu...