Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz, Fahrzeug, Anscheinsbeweis, Berufung, Anspruch, Genehmigung, Schutzgesetz, Grenzwerte, Vorsatz, Verwendung, Klage, Reduzierung, Kraftfahrt-Bundesamt, Beurteilungszeitpunkt, Zug um Zug, arglistiges Verschweigen, Aussicht auf Erfolg
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 26.06.2020; Aktenzeichen 10 O 740/20) |
Nachgehend
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.06.2020, Az. 10 O 740/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Gründe
I. Die Klägerin kaufte am 26.01.2011 bei der Beklagten das Neufahrzeug Mercedes Benz CLS 350 CDI BlueEFFICENCY Coupé mit der FIN.: ... zum Preis von 68.690,51 EUR. Das Fahrzeug wurde am 29.04.2011 an die Klägerin übergeben und im Jahr 2011 erstmals im Verkehr zugelassen. Es wies am 25.06.2020 einen Kilometerstand von 133.546 km auf. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs OM 642 ausgestattet und unterfällt der Emissionsklasse Euro 5. Es verfügt über eine EG-Typgenehmigung und unterliegt keinem behördlichen Rückruf. Zur Verringerung der Stickoxidemissionen ist im Fahrzeug eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung eingebaut, bei dem ein Teil des Abgases in das Ansaugsystem des Motors zurückgeführt wird und erneut an der Verbrennung teilnimmt. Die Beklagte ist auch Herstellerin des Fahrzeugs und bietet eine freiwillige Servicemaßnahme für das Fahrzeug an.
Die Klägerin nimmt die Herstellerin des Fahrzeugs auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Anspruch weil die Beklagte in das Fahrzeug ein Dieselmotor der Baureihe OM 642 eingebaut habe, dessen Motorsteuerung so arbeite, dass die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxide (hier Euro-5-Norm) zwar unter den im Testbetrieb herrschenden Bedingungen eingehalten, im praktischen Fahrbetrieb dagegen - abhängig von der Umgebungstemperatur - weit überschritten würden. Aufgrund des unstreitigen "Thermofensters" bestehe ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Reduzierung der Abgasreinigung planmäßig außerhalb des nach den Prüfungsbedingungen vorgegebenen Temperaturrahmens von 20-30° C erfolge, so dass eine Prüfstandserkennung wahrscheinlich sei und kein sachlicher Unterschied zu dem Motortyp EA 189 von VW bestehe. Das von der Beklagten eingesetzte Thermofenster sei aus technischer Sicht nicht notwendig; die Typgenehmigung hätte für dieses Fahrzeug versagt werden müssen. Es sei davon auszugehen, dass die Installation der Abschalteinrichtung in der Motorsteuerungssoftware mit Wissen und Wollen eines oder mehrerer Vorstandsmitglieder oder Repräsentanten der Beklagten erfolgt sei. Diese hätten in der Vorstellung gehandelt, dass die Typgenehmigung für derart ausgestattete Fahrzeuge durch Täuschung der zuständigen Behörde erlangt worden sei. Ein Softwareupdate sei nicht geeignet, den Wagen mangelfrei zu machen; es verringere die Dauerhaltbarkeit des Fahrzeugs und verursache vorzeitig teure Reparaturen. Das Aufspielen eines Updates der Motorsteuerungssoftware sei deswegen unzumutbar.
Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin als unschlüssig, unsubstantiiert und ins Blaue hinein gerügt. Die Beklagte bestreitet den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung und das Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche seien zudem verjährt. Sie bestreitet eine Täuschung, eine sittenwidrige Schädigung oder sonstige Rechtsverletzungen. In Bezug auf die temperaturabhängige Abgasregelung habe die Beklagte ein zutreffendes, jedenfalls vertretbares Normverständnis zugrunde gelegt und davon ausgehen dürfen, dass diese schon keine Abschalteinrichtung darstelle, jedenfalls aber aus Gründen des Motorschutzes zulässig sei. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug werde keine Programmierung verwendet, die manipulativ so gestaltet worden wäre, dass auf der Straße unter "normalen Betriebsbedingungen" i.S.v. Art. 5 Abs. 1 bzw. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 ein anderes Verhalten des Emissionskontrollsystems angestrebt werde, als auf dem Prüfstand. Auch sei im streitgegenständlichen Fahrzeug keine Software verbaut, die lediglich für die Zwecke des Typgenehmigungsverfahrens eine Schadstoffarmut der Emissionen vortäusche, indem sie (wie offenbar insbesondere in den VW-Fällen) aufgrund einer Prüfstanderkennung die Abgasreinigung intensiviere. Das gegenständliche Fahrzeug besitze eine EG-Typgenehmigung und entspreche vollumfänglich den geltenden Abgasgrenzwerten und der Euro-5-Norm. Es liege auch kein Verstoß gegen §§ 6 A...