Leitsatz (amtlich)
Schließen Nebenkläger und Angeklagter auf "Antrag" des Nebenklägervertreters in der Hauptverhandlung einen zivilrechtlichen Vergleich über Ansprüche des Nebenklägers wegen eines durch die Straftat erlittenen Schadens, so steht dem Nebenklägervertreter hierfür eine 2,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG sowie eine (lediglich) 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 i.V.m. Nr. 1000 VV RVG zu, auch wenn kein förmliches Adhäsionsverfahren nach § 404 StPO vorausgegangen ist.
Verfahrensgang
LG Amberg (Entscheidung vom 22.03.2013; Aktenzeichen 1 KLs 109 Js 4174/2008) |
Tenor
1.
Die sofortigen Beschwerden des Verurteilten M... sowie der Nebenklägerin Sch... gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Amberg vom 22.03.2013 werden als unbegründet verworfen.
2.
Die Beschwerdeführer tragen jeweils die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Gründe
I.
Im Strafverfahren gegen den Angeklagten M... hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Amberg mit Beschluss vom 22.07.2009 unter anderem festgestellt, dass Frau Sch... berechtigt ist, sich dem Verfahren als Nebenklägerin anzuschließen (§ 395 Abs. 1 Nr. 1a [aF], § 396 Abs. 1 und 2 StPO), und hat dieser Rechtsanwalt J... als Beistand bestellt (§ 397a Abs. 1 Satz 1 StPO).
In der Hauptverhandlung am 30.09.2009 beantragte Rechtsanwalt J... als Vertreter der Nebenklägerin den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vor der Strafkammer. Sodann schlossen der Angeklagte und die Nebenklägerin, diese vertreten durch Rechtsanwalt J...,in der Hauptverhandlung einen Vergleich, wonach der Angeklagte an die Nebenklägerin 5.000 € unter näher bestimmten Modalitäten zahlt (Nr. 1) und mit der Zahlung dieses Betrages sämtliche materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche der Nebenklägerin aus dem der Anklageschrift vom 22.01.2009 zugrundeliegenden Lebenssachverhalt abgegolten und erledigt seien - gleich aus welchem Rechtsgrund, für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - (Nr. 2). Ferner akzeptiert die Nebenklägerin die in der Bezahlung des Geldbetrages zum Ausdruck kommende Entschuldigung des Angeklagten und nimmt den Geldbetrag als friedensstiftenden Ausgleich an (Nr. 3). Nach Nr. 4 des Vergleichs trägt der Angeklagte "die im vorliegenden Adhäsionsverfahren entstehenden besonderen Kosten, die ihm insoweit entstehenden Auslagen und die der Nebenklägerin insoweit entstehenden notwendigen Auslagen".
Am 20.04.2010 beantragte Rechtsanwalt J... die Festsetzung seiner Vergütung als der Nebenklägerin beigeordneter Nebenklägerinvertreter aus der Staatskasse. Gemäß Verfügung des Rechtspflegers vom 11.05.2010 erfolgte eine Festsetzung der Nebenklägervergütung für Rechtsanwalt J... . Diesbezüglich befinde sich ein Vermerk auf Blatt 399 der Akte (Anmerkung: Blatt 399 fehlt in der Originalakte. Auf der vom Nebenklägerinvertreter dem Senat übersandten Kopie ist kein entsprechender Vermerk vorhanden - möglicherweise, weil er erst nach Fertigung der Kopie auf dem Original angebracht wurde). Nach dem Vorbringen des Angeklagten M... (künftig: Verurteilter) im Schriftsatz vom 04.04.2013 seien die Kosten in Höhe von 1.885,38 € am 18.05.2010 durch seinen Vater an Herrn Rechtsanwalt J... aufgrund einer Rechnung der Landesjustizkasse Bamberg überwiesen worden.
Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Nebenklägerinvertreter mit Schriftsatz vom 04.09.2012 (eingegangen beim Landgericht Amberg am 05.09.2012), gemäß § 464b StPO die Gebühren für den Vergleichsabschluss gegen den Verurteilten auf 2.024,19 € zuzüglich gesetzlicher Zinsen ab Antragsanbringung festzusetzen. Er setzte hierbei eine 2,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG in Höhe von 972 € sowie eine 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG in Höhe von 729 € (jeweils zzgl. USt.) aus einem Gegenstandswert von 10.000 € an.
Mit Beschluss vom 26.10.2012 setzte die 1. große Strafkammer des Landgerichts Amberg den Streitwert im Hinblick auf den im Termin vom 30.09.2009 geschlossenen Vergleich auf 10.000 € fest (5.000 € für die in Ziff. 1 des Vergleichs enthaltene Zahlungsverpflichtung und 5.000 € für die in Ziff.2 des Vergleichs enthaltene Abgeltungsklausel).
Der Verteidiger des Verurteilten vertrat gemäß Schriftsatz vom 07.11.2012 die Ansicht, dass nur eine 1,0 Einigungsgebühr angefallen sei.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.03.2013 hat das Landgericht Amberg - Rechtspfleger - "die nach dem rechtskräftigen Vergleich im Termin vom 29.9.2009 der Strafkammer (Adhäsionsverfahren) des Landgerichts Amberg" von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden anwaltschaftlichen Kosten des Nebenklägerinvertreters auf 1.735,02 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit 05.09.2012 festgesetzt. Die Abweichung vom Antrag beruht darauf, dass statt der beantragten 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG nur eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG zuerkannt wurde, da der Vergleich im gerichtlichen Verfahren geschlossen worden sei.
Dieser Beschluss ist dem Nebenklägerinvertreter am 25...