Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgsaussicht, Versicherungsnehmer, Versicherungsfall, PKH, Versicherer, Versicherungsschein, Wirksamkeit, Klageverfahren, Prozesskostenhilfe, Unwirksamkeit, Auslegung, Beweislast, Anspruch, Bereicherungsanspruch, Aussicht auf Erfolg, hinreichende Aussicht auf Erfolg, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg
Verfahrensgang
LG Regensburg (Aktenzeichen 34 O 1573/22) |
Tenor
Der Senat weist auf der Grundlage des bisherigen Akteninhalts einschließlich des beiderseitigen Berufungsvorbringens - nach vorläufiger Beratung und Bewertung, unter dem Vorbehalt besserer Erkenntnis - auf Folgendes hin:
Der Senat hält die aus dem angefochtenen Urteil ersichtlichen Erwägungen des Erstgerichts zumvollständigen Nichtbestehen vertraglicher Leistungsansprüche für nicht überzeugend. Das dem Urteil zugrunde liegende Verständnis von Inhalt und Reichweite des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses über eine Rechtsschutzversicherung wird den Besonderheiten des Streitfalles aus dem Rechtsgebiet "Überprüfung von Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung" nicht in Gänze gerecht.
Eine beschleunigte Verfahrensweise im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO kommt deshalb nicht in Betracht.
In der gebotenen Kürze stellen sich die entscheidungserheblichen Punkte wie folgt dar:
Gründe
1. Der Kläger hat zum exakten Inhalt des streitbefangenen Versicherungsvertragsverhältnisses unzureichend vorgetragen.
Das bloße "Bestehen einer Rechtsschutzversicherung" reicht nicht aus, um daraus sich ergebende vertragliche Leistungsansprüche konkret zu bestimmen. Das Produkt "Rechtsschutzversicherung" besteht - bekanntermaßen - aus verschiedenartigen "Bausteinen" zu einzelnen versicherten Risiken (vgl. §§ 2, 21 bis 29 ARB). Hierzu wird nichts vorgetragen.
Den entsprechenden Versicherungsschein hat der Kläger bislang nicht zur Akte gereicht.
2. Zur umfassenden Beurteilung des Leistungsbegehrens des Versicherungsnehmers, das inhaltlich auf den der Deckungsanfrage vom 06.04.2022 (vgl. Anl. K 3) beigefügten "Klageentwurf vom 06.04.2022" Bezug nahm, fehlt noch die dort benannte "Anlage K 4", aus welcher sich die errechnete Klageforderung in Höhe von 21.429,45 EUR als Summe aller Teilbeträge aus diversen Beitragsanpassungen der Jahre 2009 bis 2021 ergeben soll (vgl. Klageentwurf, ohne Seitenzahlen, unter "XI. Rechtsfolge").
3. Zugunsten des Klägers kann an dieser Stelle - vorbehaltlich der oben zu Ziffer 1. formulierten Unklarheiten - davon ausgegangen werden, dass ein Versicherungsfall i.S.v. § 2 lit. d) ARB (Rechtsschutz im Vertragsrecht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus privatrechtlichen Schuldverhältnissen) eingetreten ist. Denn der Versicherungsnehmer bringt einen objektiven Tatsachenkern vor, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes als Ausgangspunkt einer rechtlichen Auseinandersetzung verbindet und hierauf seine Interessenverfolgung stützt (sog. "Drei-Säulen-Modell"; vgl. etwa BGH, Urteil vom 19.11.2008 - IV ZR 305/07, NJW 2009, 365 Rn. 20 m.w.N.; Jäckel, NJW 2021, 2200, Anm. zu BGH, Urteil vom 31.03.2021 - IV ZR 221/19, NJW 2021, 2193, beck-online). Dabei kommt es allein auf das Vorbringen des Versicherungsnehmers zur geltend gemachten Pflichtverletzung des Anspruchsgegners an.
Jedoch konnte die Beklagte den Rechtsschutz bedingungsgemäß ablehnen, wenn sie zu Recht der Auffassung war, die vom Kläger beabsichtigte Wahrnehmung rechtlicher Interessen habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 18 Abs. 1 ARB). Hierbei handelt es sich um eine sekundäre Risikobegrenzung, für deren Voraussetzungen der Versicherer beweispflichtig ist (vgl. Harbauer/Schmitt, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl., ARB 2010, § 3a Rn. 12). Allerdings trifft den klagenden Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, aufgrund dessen die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung beurteilt werden kann (vgl. OLG München, BeckRS 2022, 13980 Rn. 7).
4. Das Deckungsschutzbegehren des Klägers gemäß dem Anschreiben / Klageentwurf vom 06.04.2022 (zur Begründung inhaltlich ergänzt durch das Vorbringen aus den beiden Stichentscheids-Schriftsätzen vom 12.07.2022, Anl. K 5, und vom 08.08.2022, Anl. K 7) ist mehrgliedrig und kann nicht einheitlich betrachtet werden. Es lässt sich in insgesamt vier Teile untergliedern.
Betreffend "das bevorstehende Klageverfahren der ersten Instanz", ist es dreigeteilt, nämlich in ein Feststellungsbegehren zur Unwirksamkeit der Beitragsänderungen (Klageantrag zu 1., dazu nachfolgend unter b.), in einen bezifferten Zahlungsantrag (Klageantrag zu 2., Ansprüche aus § 812 ff. BGB, dazu nachfolgend unter c.) und in ein Feststellungsbegehren zur Nutzungsherausgabe (Klageantrag zu 3.; dazu nachfolgend unter d.).
Hinzu kommt die "außergerichtliche Rechtsverfolgung" (vgl. Deckungsanfrage-Mail vom 06.04.2022 a.E.: "Versicherungsschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung", dazu nachfolgend unter e.).
a. Vorbemerkungen zur allgemeinen Rechtslage un...