Leitsatz (amtlich)
Aus der Neuregelung des § 1626a Abs. 2 BGB ergibt sich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge. Der Antrag des bisher nicht sorgeberechtigten Vaters, ihm das Mitsorgerecht zu übertragen, kann daher nur abgewiesen werden, wenn mit erheblicher Gewissheit festgestellt werden kann, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widersprechen würde.
Normenkette
BGB § 1626a
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 17.07.2013; Aktenzeichen 101 F 2821/12) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 17.7.2013 abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Dem Antragsteller X, geboren am ... 1952, wird zusammen mit der Beteiligten Y, geboren am ... 1976, mit Ausnahme der Gesundheitsfürsorge, die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind Z, geboren am ... 2006 übertragen. Die Gesundheitsfürsorge übt die Beteiligte Y auch künftig alleine aus.
II. Die weiter gehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
III. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die beteiligten Eltern jeweils zur Hälfte, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller, geboren am ... 1952, deutscher Staatsangehöriger, und die Beteiligte Y, geboren am ... 1976, deutsche Staatsangehörige, sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des Kindes Z, geboren am ... 2006. Eine gemeinsame Sorgeerklärung ist bisher nicht abgegeben worden.
Der Antragsteller erreichte im Jahr 1968 den Volksschulabschluss. Nach seinem Wehrdienst in der Bundeswehr trat er in die französische Fremdenlegion ein, welcher er sieben Jahre angehörte. Der Antragsteller war verheiratet, aus seiner Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen. Mittlerweile hat er zu seinen Söhnen A und B guten Kontakt. Zur Zeit ist der Antragsteller arbeitslos, zuletzt war er im Sicherheitsdienst beschäftigt.
Die Beteiligte Y stammt aus Rumänien und lebt seit ihrem 16. Lebensjahr in Deutschland. Über einen Schulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt sie nicht. Auch aktuell geht sie keiner regulären Erwerbstätigkeit nach. Die Beteiligte Y war mit Herrn ... verheiratet. Aus dieser mit Urteil des AG Nürnberg vom 13.9.2004 im Verfahren 101 F 3359/06 geschiedenen Ehe ist die Tochter C, geboren am ... 1997, hervorgegangen. C lebte bis zum 16.5.2012 bei ihrer Mutter. Am 16.5.2012 erfolgte, veranlasst durch Mitteilungen von Nachbarn der Antragsgegnerin, ein Hausbesuch des Stadtjugendamtes Nürnberg bei der Beteiligten Y. Bei diesem Besuch wurde deren Wohnung in einem völlig verwahrlosten und vermüllten Zustand vorgefunden, was zur Inobhutnahme beider Kinder durch das Jugendamt führte. In seinem Bericht vom 23.5.2012 hat das Jugendamt der Stadt Nürnberg hierzu u.a. mitgeteilt:
"Die Wohnung von Frau Y wurde dabei in einem völlig verwahrlosten Zustand vorgefunden. Sämtliche Zimmer im Wohnbereich waren übersät mit teils kniehohen Kleiderbergen, mit Spielsachen und anderen Haushaltsgegenständen. Das Betreten der Zimmer war nur möglich, indem die Gegenstände beiseite geschoben wurden. Das Bad war in einem noch akzeptablem Zustand. Im Wohnzimmerbereich und auf dem Tisch lag darüber hinaus überall Sand verstreut. Am Küchenboden befand sich Unrat und Abfall, auf dem ein Schwarm dicker Schmeißfliegen saß. Auf der Arbeitsplatte der Küche, teils auch im Wohnzimmer, befanden sich Gefäße mit eingetrockneten Speiseresten, die mindestens mehrere Tage alt waren und seit langem abgestandener gegorener Saft, in dem sich tote Fliegen befanden. Die Decke der Küche und des Eingangsbereichs war übersät mit hunderten von Fruchtfliegen. Es konnte festgestellt werden, dass Z auf der bloßen Matratze und laut Mutter in Unterhose und Bluse schläft. Ein Schlafanzug bzw. Nachthemd sei nicht vorhanden ...".
C weigerte sich nach der Inobhutnahme, zur Mutter zurückzukehren. Sie lebt zwischenzeitlich - nach anfänglichem erheblichen Widerstand - mit Einverständnis der Mutter in einer Pflegefamilie. Mit Schreiben vom 23.5.2012 hat das Jugendamt der Stadt Nürnberg in dem Verfahren des AG - Familiengericht - Nürnberg 101 F 1793/12 (§ 1666 BGB) u.a. berichtet:
"Am gleichen Tag (gemeint ist der 18.5.2012) sprach auch der Vater von Z im Amt vor, um sich nach den Gründen der Inobutnahme seiner Tochter zu erkundigen. Herr X wirkte sehr betroffen und erklärte, Maßnahmen, die dem Wohl des Kindes dienen würden, in vollem Umfang unterstützen zu wollen. Er könne die alleinige Versorgung und Betreuung der Tochter nicht sicherstellen, da er im Sicherheitsdienst arbeite und unregelmäßige Arbeitszeiten habe, wolle die Umgangskontake zu Z aber auf jeden Fall beibehalten ... Aus der Vorgeschichte ist bekannt, dass sich Frau Y in Bezug auf die Versorgungs- und Betreuungssituation von Z seit jeher sehr stark auf ihre ältere Tochter C verlassen hat. Die Mutter selbst wirkt mit der Erziehung von Z überfordert. Mit den Besuchskontakten ...