Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Parteiwechsel auf Beklagtenseite sind mehrere Personen Auftraggeber des die beklagte Seite vertretenden Rechtsanwalts. Dies gilt auch dann, wenn die zunächst verklagte Partei bei Klageerhebung nicht mehr existiert oder wenn eine andere (juristische) Person ein berechtigtes Interesse daran hat, sich gegen die Klage zu wehren.
2. Bei der Berechnung des Beschwerdewerts ist die Umsatzsteuer mit zu berücksichtigen.
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2 S. 1, § 7 Abs. 1; RVG-VV Nr. 1008; ZPO § 567 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 12.11.2009) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss II des LG Regensburg vom 12.11.2009 geändert.
II. Die von dem Kläger zu 1 an die Beklagte nach dem Beschluss des OLG Nürnberg vom 9.9.2009 zu erstattenden Kosten für die erste Instanz und das Berufungsverfahren werden auf 3746,70 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1836,99 EUR seit 15.4.2009 und aus 1909,71 EUR seit 30.9.2009 festgesetzt.
III. Die von der Klägerin zu 2 an die Beklagte nach dem Beschluss des OLG Nürnberg vom 9.9.2009 zu erstattenden Kosten für die erste Instanz werden auf 550,73 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.4.2009 festgesetzt.
IV. Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
V. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 202,06 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im Dezember 2004 erhoben die Kläger eine Zahlungsklage gegen die Landeskreditbank X. Zugrunde lag ein Darlehensvertrag vom 12.7./2.8.1996, den die Kläger mit der Landeskreditbank X. abgeschlossen hatten. Die Beklagtenvertreter trugen in Vertretung sowohl der Landeskreditbank X.-Förderbank als auch der Landesbank X. vor, dass das Vermögen der Landeskreditbank X. aufgrund Gesetzes vom ... (Gesetzblatt für X.) im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die Landesbank X. übergegangen sei.
Nach Ausscheiden der Klägerin zu 2 aus dem Prozess erklärte der Kläger zu 1 im Schriftsatz vom 13.5.2005, dass sich die Klage gegen die Landesbank X. als Rechtenachfolgerin der Landeskreditbank X. richten solle.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers zu 1 blieb in der Sache ohne Erfolg.
Im Kostenfestsetzungsverfahren beantragten die anwaltlichen Vertreter der Beklagten, für die erste Instanz eine um 0,3 auf 1,6 erhöhte Verfahrensgebühr festzusetzen, weil sie zwei Auftraggeber vertreten hätten. Die Kostenbeamtin des LG hielt im Kostenfestsetzungsbeschluss II vom 12.11.2009 (der Kostenfestsetzungsbeschluss I vom selben Tag hat die an die Streithelferin zu erstattenden Kosten zum Gegenstand) nur eine 1,3 Verfahrensgebühr für erstattungsfähig und wies deshalb den Antrag auf Festsetzung einer Mehrvertretungsgebühr zurück. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde der Beklagten am 23.11.2009 zugestellt. Mit am 2.12.2009 eingegangenem Schriftsatz legte die Beklagte Beschwerde ein.
II. Die sofortige Beschwerde, über die der Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 568 Satz 1 ZPO), ist zulässig.
Sie ist statthaft (§ 104 Abs. 3 S. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG) und in der Frist und Form des § 569 ZPO eingelegt worden. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 EUR (§ 567 Abs. 2 ZPO). Zwar beanstandet die Beschwerdeführerin lediglich, dass die Kostenbeamtin die 0,3 Mehrvertretungsgebühr (die hier 169,80 EUR ausmacht) nicht festsetzte. Zu diesem Betrag kommt jedoch noch die Umsatzsteuer (von 19 %) hinzu; es ergibt sich dann eine Differenz von 202,06 EUR zwischen dem von der Beklagten beantragten und dem festgesetzten Betrag.
Die Umsatzsteuer ist bei der Berechnung des Beschwerdewerts mit zu berücksichtigen (OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.6.2007 - 6 W 1127/07; OLG Koblenz MDR 1992, 196; OLG Düsseldorf MDR 1957, 239; Schneider JurBüro 1974, 966; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 104 Rz. 21 "Beschwer; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 567 Rz. 19). Zwar bildet sie beim Rechtsanwalt nur einen durchlaufenden Posten. Das gilt jedoch nicht für die Partei (sofern sie nicht ebenfalls vorsteuerabzugsberechtigt ist; hiernach zu differenzieren widerspräche aber der im Kostenrecht gebotenen typisierenden Betrachtungsweise, vgl. BGH NJW 2006, 3008; 2003, 901). Auch § 4 Abs. 1 ZPO spricht für die Berücksichtigung der Umsatzsteuer. Diese Vorschrift klammert bei der Wertberechnung nur "Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten" aus, nicht aber Steuerbeträge. § 4 Abs. 1 ZPO bildet insoweit eine erschöpfende Regelung (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
III. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
1. Den anwaltlichen Vertretern der Beklagten steht für das Verfahren im ersten Rechtszug eine um 0,3 erhöhte Verfahrensgebühr zu (§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 1 RVG, Nr. 1008 W).
Zutreffend ging das LG davon aus, dass die Beklagtenvertreter in ein und derselben Angelegenheit tätig wurden (§ 7 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG). Der Parteiwechsel begründete keine neue gebührenrechtliche Angelegenheit (BGH NJW 2007, 769). Die trotz des P...