Leitsatz (amtlich)
Der Einspruch gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl lässt die volle Verfahrensgebühr für den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners entstehen.
Normenkette
EuMVO Art. 17 Abs. 1; RVG-VV Nrn. 3100-3101
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 17.09.2009; Aktenzeichen 4 O 4089/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 17.9.2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.099 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das AG Berlin-Wedding erließ am 13.3.2009 als Europäisches Mahngericht antragsgemäß einen europäischen Zahlungsbefehl, der der Beklagten am 20.3.2009 zugestellt wurde. Am 25.3.2009 legte ihr Verfahrens bevollmächtigter hiergegen Einspruch ein. Am 5.5.2009 gab das Mahngericht die Sache nach Art. 17 Abs. 1, 3 EuMVO i.V.m. § 1090 Abs. 2 ZPO an das LG Nürnberg-Fürth ab, das der Kläger auf Anfrage als zuständiges Prozessgericht bezeichnet hatte. Am 9.6.2009 ging die Anspruchsbegründung beim LG NÜrnberg-Fürth ein. Dieses ordnete am selben Tag die Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens an und wies den Kläger zugleich auf das Fehlen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte hin. Die Anspruchsbegründung wurde dem Beklagtenvertreter am 16.6.2009 zugestellt. Am 24.6.2009 ging die Klagerücknahme beim LG ein. Am 2.7.2009 ordnete das LG an, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat (§ 269 Abs. 3 ZPO).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.9.2009 hat das LG die der Beklagten vom Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 1.099 EUR festgesetzt. Dabei ist es vom Anfall einer 1,3 Gebühr nach Nr. 3100 RVG-VV ausgegangen. Gegen diesen ihm am 21.9.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 2.10.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses erreichen will. Er macht vor allem geltend, der Beklagtenvertreter habe allenfalls eine 0,8 Gebühr nach Nr. 3101 RVG-VV verdient. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 2.10.2009 verwiesen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1, §§ 567 ff. ZPO), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Beklagtenvertreter hat eine volle 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV verdient, weil er nicht nur im Mahnverfahren, sondern auch im Streitverfähren tätig geworden ist und vor Beendigung des Mandats einen Schriftsatz eingereicht hat, der einen verfahrenseinleitenden Antrag i.S.d. Nr. 3101 Nr. 1 RVG-VV enthalten hat.
1. Die Verfahrensgebühr ist mit dem Beginn der auftragsgemäßen Tätigkeit des Beklagten vertreters - zunächst in Höhe einer 0,8 Gebühr (Gerold/Schmidt-Mütler-Rabe, RVG 18. Aufl. VV 3100 Rz. 43) - entstanden. Insoweit genügt nach der Klarstellung in der Vorbemerkung 3 Abs. 2 zum RVG-VV die Entgegennahme von Informationen durch den Rechtsanwalt. Der Beklagtenvertreter hat daher spätestens mit der Kenntnisnahme von der Anspruchsbegründung eine Verfahrensgebühr verdient. Bereits vorher hatte er mit Telefaxschreiben vom 4.5.2009 geltend gemacht dass die Zuständigkeit des LG Nürnberg-Fürth für ihn nicht nachvollziehbar sei.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auch hinreichend dargetan, dass ihm Prozessauftrag erteilt war. Wegen der noch zu erörternden Besonderheiten des Europäischen Mahnverfahrens ist eine Beschränkung auf die Vertretung im Mahnverfahren auf Schuldnerseite kaum vorstellbar.
2. Die Verfahrensgebühr ist in voller Höhe erwachsen, weil der Einspruch gegen den europäischen Zahlungsbefehl als Verfahrens einleitender Antrag im Sinne der Nr. 3101 Nr. 1 RVG-VV bewertet werden muss.
a) Nach einhelliger Meinung genügt zwar nicht der Widerspruch des Schuldnervertreters gegen den Mahnbescheid wohl aber sein Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens nach § 696 Abs. 1 ZPO, um als verfahrenseinleitender Antrag in diesem Sinne die volle 1,3 Gebühr anfallen zu lassen (OLG Düsseldorf JB 2004, 195, OLG Jena JB 2000, 472; Bischof, RVG 3. Aufl. Nr. 3101 VV Rz. 31 und Nr. 3307 VV Rz. 31; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, a.a.O., W 3305 Rz. 53 f. je m.w.N.). Der Beklagtenvertreter hat hier allerdings keinen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt, sondern nur Einspruch gegen den Zahlungsbefehl eingelegt.
Andererseits ist anerkannt, dass der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid als verfahrenseinleitender Antrag im Sinne der Nr. 3101 Nr. 1 RVG-VV die volle 1,3 Verfahrensgebühr entstehen lässt (OLG München JB 1992, 325; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, a.a.O.).
b) Der Einspruch gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl entspricht eher dem Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid als dem Widerspruch gegen einen Mahnbescheid. Auch er lässt daher die volle 1,3VerfahrensgebührnachNr. 3100 RVG-VV, nicht nur die 0,8 Gebühr nach Nr. 3101 RVG-VV entstehen.
Das Europäische Mahnverfahren ist einstufig (Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl.,...