Leitsatz (amtlich)
1. Der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten, der mit der Terminswahrnehmung am Prozessgericht beauftragt ist, steht nicht entgegen, dass dieser Termin wieder abgesetzt und eine mündliche Verhandlung nicht durchgeführt wurde, sofern bei Einschaltung des Unterbevollmächtigten noch mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gerechnet werden musste und die Absetzung des Termins nicht absehbar war.
2. Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der mit der Terminswahrnehmung am Prozessgericht beauftragt ist, sind auch dann erstattungsfähig, wenn diese Beauftragung bereits längere Zeit vor dem Verhandlungstermin erfolgte. Für die Erstattungsfähigkeit ist allein entscheidend, dass zum Zeitpunkt der Auftragserteilung durch den Hauptbevollmächtigten bereits ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt ist.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 05.06.2008; Aktenzeichen 2 HK O 1330/07) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Regensburg vom 5.6.2008 (Az.: 2 HK O 1330/07) abgeändert.
Die von der Klägerin an die Beklagte nach dem Beschluss des OLG Nürnberg vom 28.4.2008 zu erstattenden Kosten werden (einschließlich verauslagter Gerichtskosten in zweiter Instanz i.H.v. 272 EUR) auf 1,937,50 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit 13.5.2008 festgesetzt.
II. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Regensburg vom 5.6.2008 (Az.: 2 HK O 1330/07) wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 5/6 und die Beklagte 1/6. Die Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
IV. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 290,40 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Verfügung des Senats vom 20.3.2008 war Termin zur mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren vor dem OLG Nürnberg auf den 7.5.2008 bestimmt worden; die Terminsladung ging den Prozessbevollmächtigten der Parteien am 26. bzw. am 28.3.2008 zu. Daraufhin beauftragte die Beklagte zum Zwecke der Terminswahrnehmung die in Nürnberg ansässigen Rechtsanwälte ... als Unterbevollmächtigte. Diese zeigten mit Schriftsatz vom 15.4.2008 das ihnen erteilte Mandat an und kündigten an, den Verhandlungstermin wahrzunehmen.
Unter dem 17.4.2008 erklärte die Klägerin Klagerücknahme. Der Verhandlungstermin vom 7.5.2008 wurde daraufhin abgesetzt. Mit Beschluss des Senats vom 28.4.2008 wurden der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit Antrag vom 8.5.2008 begehrte die Klägerin Kostenfestsetzung. Hierbei wurde auch die Festsetzung der von den Unterbevollmächtigten berechneten Kosten (0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3104 RVG-VV und Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 RVG-VV) i.H.v. insgesamt 290,40 EUR beantragt.
Die Rechtspflegerin des LG Regensburg hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.6.2008 diesem Antrag hinsichtlich der Kosten der Unterbevollmächtigten nicht entsprochen, da deren Einschaltung verfrüht erfolgt sei. Gegen diesen, der Beklagtenpartei am 13.6.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20.6.2008 bei Gericht eingegangene Beschwerde.
Mit Beschluss vom 17.7.2008 hat das LG Regensburg der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.1. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist statthaft (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert gem. § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht, die Beschwerdefrist von 2 Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) ist gewahrt.
2. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache - teilweise - Erfolg.
a) Die Erstattungsfähigkeit von Kosten, die einer Partei durch Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, der - wie hier - anstelle des Hauptbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernehmen sollte, richtet sich allein nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Es gilt nicht die Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO; diese betrifft nach ihrem Wortlaut und Zweck nur die durch die Beauftragung eines Hauptbevollmächtigten entstandenen Kosten. Auch ist § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht anzuwenden; diese Vorschrift regelt allein die Kostenerstattung bei Inanspruchnahme zweier Rechtsanwälte als Hauptbevollmächtigte (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898; Beschl. v. 9.10.2003 - VII ZB 45/02, BGHReport 2004, 70).
Für die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei darf dabei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste ...