Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer alleinigen Haftung, eines linksabbiegenden Pkw-Fahrers für den Unfallschaden eines überholenden Motorradfahrers.
Normenkette
StVO § 5 Abs. 3 Nr. 1, 9 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Aktenzeichen 1 O 124/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Weiden vom 3.5.2002 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 3.883,68 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG ab 7.12.2001 zu bezahlen.
2. Die Beklagten zu 1) und 3) werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner einen weiteren Betrag von 41.141,84 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 19.3.2002 zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger alle weiteren materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 25.8.2001 zu erstatten, soweit nicht Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger oder anderweitige Dritte erfolgt ist.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 3) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 25.8.2001 zu ersetzen, soweit nicht Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger oder anderweitige Dritte erfolgt ist.
II. Die Beklagten tragen ihre eigenen außergerichtlichen Auslagen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Auslagen des Klägers tragen die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner voll und gesamtschuldnerisch mithaftend die Beklagte zu 2) zu 1/7.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages vorläufig abwenden, soweit nicht der Kläger vorab Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 26.930,21 Euro festgesetzt
(ursprünglicher Anspruch einschl. Feststellung
65.825,52 Euro
abzgl. 10.000 Euro
(Vorschuss) 55.825,52 Euro
davon ausgeurteilt 29.495,31 Euro
Berufungsstreitwert 26.930,21 Euro)
Gründe
I. Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 25.8.2001 auf der B 22 ereignete, als der Beklagte zu 1) als Fahrer des bei der Beklagten zu 3) versicherten Pkw der Beklagten zu 2) links abbog, während der Kläger im Begriff war, ihn mit seinem Motorrad zu überholen. Der Kläger fuhr dem Pkw links in die Seite und wurde schwer verletzt.
Er ist der Auffassung, die Beklagten treffe die volle Haftung, und verlangt Ersatz seines vollen Sachschadens und Feststellung der alleinigen Haftung aller Beklagten für alle weiteren materiellen Schäden sowie von den Beklagten zu 1) und 3) ein Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 50.000 Euro und Feststellung der Verpflichtung, alle weiteren immateriellen Zukunftsschäden auszugleichen.
Das LG hat ein Mitverschulden des Klägers i.H.v. 2/5 angenommen und unter Zugrundelegung eines Sachschadens von 5.825,52 Euro und eines Schmerzensgelds von 30.000 Euro unter Berücksichtigung von Teilzahlungen der Beklagten i.H.v. 1.941,84 Euro auf den Sachschaden von 8.058,19 Euro auf das Schmerzensgeld auf einen Anspruch von 1.553,47 Euro Sachschaden und 21.941,84 Euro Schmerzensgeld erkannt sowie den Feststellungsanträgen zu 3/5 entsprochen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der weiterhin vollen Ersatz seines Schadens begehrt.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die übergebenen Unterlagen, die Strafakten 4 Cs 3 Js 12538/01, die Gegenstand der Verhandlung waren, die Protokolle und das Ersturteil Bezug genommen.
II. Die Berufung des Klägers ist begründet.
1. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz seines vollen Schadens gegen die Beklagten § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 9 Abs. 1 StVO, § 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1, 2 PflVG).
a) Der Beklagte zu 1) hat den Unfall verschuldet, denn er hätte nicht links abbiegen dürfen, während er überholt wurde.
Nach § 9 Abs. 1 S. 4 StVO hatte er vor dem Abbiegen auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. Dies hat er entweder ganz unterlassen oder er war dabei unaufmerksam. Andernfalls hätte er den überholenden Kläger erkennen müssen und den Unfall vermieden.
b) Entgegen der Auffassung des Erstgerichts verneint der Senat aber eine Mithaftung des Klägers, da diesem ein Verschulden nicht nachgewiesen werden kann und eine etwaige Haftung aus Betriebsgefahr ggü. dem Verschulden des Beklagten zurücktritt.
Für ein Verschulden dürfen nur solche Umstände herangezogen werden, die erwiesen sind (vgl. BGH v. 10.1.1995 – VI ZR 247/94, MDR 1995, 359 = NJW 1995, 1029 m.w.N.). Solche Umstände sind hier nicht erwiesen. Der Kläger ist bei einer Geschwindigkeit von 70–80 km/h angesichts der übersichtlichen Strecke, der trockenen Fahrbahn und des herrschenden Tageslichts nicht zu schnell gefahren (§ 3 StVO).
Er durfte auch überholen. Namentlich war die Verkehrslage nicht unklar (§ 5 Abs. 3 Ziff. 1 StVO).
Dass sich im Überholbereich...