Leitsatz (amtlich)
KV GKG Nr. 1210: Keine Ermäßigung der Gerichtsgebühr nach KV GKG Nr. 1211 bei einem Beschluss gem. § 91 a ZPO und dem Verzicht der Parteien auf die Begründung der Kostenentscheidung bzw. einem Rechtsmittelverzicht.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Entscheidung vom 15.03.2012; Aktenzeichen 4 O 1343/11) |
Tenor
I.
Die Sache wird gem. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragen.
II.
Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Osnabrück wird die Kostenrechnung III der Geschäftsstelle der 4. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 15. März 2012 aufgehoben.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat über den Kostenansatz für das erstinstanzliche Verfahren unter Berücksichtigung einer Gebühr nach KVGKG Nr. 1210 (3,0) nach einem Wert von 22.000 € erneut zu entscheiden.
Die Entscheidung des Senats ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung gemachten Vorschlags des Gerichts haben die Parteien in der Folgezeit einen gem. § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich festgestellten Vergleich geschlossen. Danach sollte der Beklagte an den Kläger 4.250,- € zahlen; über die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sollte das Gericht gemäß § 91a ZPO entscheiden, wobei die Parteien auf eine Begründung der Entscheidung und Rechtsmittel dagegen verzichteten.
Das Landgericht hat daraufhin den Streitwert auf 22.000,- € festgesetzt und die Kosten gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu 90 % dem Kläger und zu 10 % dem Beklagten auferlegt; den Streitwert hat es auf 22.000,- € festgesetzt.
Nach diesem Streitwert hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Gebühren nach Nr. 1211 Nr. 4 (in Höhe von 1,0) festgesetzt.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor gemäß § 66 Abs. 1 GKG Erinnerung eingelegt. Er vertritt die Ansicht, die Voraussetzungen der Nr. 1211 KV GKG lägen nicht vor, insbesondere nicht die der Ziffern 3 oder 4. Es sei nicht das gesamte Verfahren erledigt worden. Lediglich bei bestimmten Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO komme eine Ausnahme in Betracht, wenn der richterliche Arbeitsaufwand bei der abschließenden Entscheidung nach billigem Ermessen über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entfällt; diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
Das Landgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Der Gesetzgeber habe die Absenkung der Gerichtsgebühren unter bestimmten Voraussetzungen erweitert, wenn nämlich der richterliche Arbeitsaufwand bei der abschließenden Entscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entfalle. Diese Voraussetzungen lägen vor. Über die Erwähnung der in § 91a ZPO genannten Formulierungen hinaus habe die Kammer keine weitere Auseinandersetzung mit dem Streitstoff oder den Erfolgsaussichten getroffen, insbesondere keine Begründung der Entscheidung angeführt. In diesem Falle ermäßige sich die Gerichtsgebühr auf eine Verfahrensgebühr "entsprechend Nr.1323 KV GKG".
Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.
Die Voraussetzungen der KV Nr. 1211 Nrn. 3 oder Nrn. 4 liegen nicht vor.
Nach Ziff. 1211 Nr. 3 ist eine Beendigung des gesamten Verfahrens erforderlich; und zwar einschließlich der Kostenentscheidung (vgl. OLG Celle, JurBüro 2011, 488; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., GKG, KV 1211 Rdn. 16 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da der Vergleich den Rechtsstreit nur bzgl. der Hauptsache erledigt hat, während über die Kosten noch durch das Gericht nach § 91 a ZPO zu entscheiden war.
Auch die Voraussetzungen der Ziff. 4 sind nicht gegeben. Diese betrifft Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder die Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Die Parteien haben hier weder auf eine Kostenentscheidung verzichtet noch ist die Kostenentscheidung einem Vorschlag der Parteien gefolgt.
Auch eine entsprechende Anwendung dieser Ziff. 4 auf den hier gegebenen Fall, dass die Parteien auf eine Begründung der Kostenentscheidung und auf Rechtsmittel verzichten, kommt nicht in Betracht. Denn der richterliche Arbeitsaufwand entfällt in diesem Fall nicht, da das Gericht noch über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen entscheiden muss.Der Gesetzgeber hat sich bei der Neufassung dieser Vorschrift auch mit den verschiedenen Auffassungen befasst und sich ausdrücklich dafür entschieden, eine Gebührenermäßigung eben nur für die beiden genannten Fälle zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 15/1971 S. 159 f). Für eine entsprechende Anwendung dieser Gebührenvorschrift fehlt es daher an einer unbewussten Regelungslücke.
Auch eine entsprechende Anwendung der Ziff. 2 kommt nach Auffassung des Senats mangels unbewusster Regelungslücke nicht in Betracht. Soweit das Landgericht unter Berufung auf OLG Zweibrücken (FamRZ 2008, 1875) Nr. 1323 KV GK...